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WIEN: Ein neu gegründetes Wiener Orchester spielt auf, klassisch …. und chinesisch: Alles Gute für PHILHARMONIC GENERATIONS VIENNA!

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WIEN: Ein neu gegründetes Wiener Orchester spielt auf, klassisch …. und chinesisch:

Alles Gute für PHILHARMONIC GENERATIONS VIENNA!

Alles Gute zum Neuen Jahr!

Und alles Gute für das neue Wiener Orchester!

Ein Neujahrskonzert erst jetzt? Neues Jahr? Das Chinesische Neue Jahr ist gemeint. Im Wiener Musikverein wird es am 3. Februar mit dem frisch ins Leben gerufenen Orchester Philharmonic Generations Vienna klangschön gefeiert. Arrivierte Mitglieder der Wiener Philharmoniker, überwiegend bereits emeritierte Professoren, sitzen an den ersten Pulten des Ensembles, sind die Tutoren für junge Musiker, die vorläufig noch keine fixen Engagements gefunden haben oder Studierende sind. Zur Premiere wird sie Günter Seifert als idealer Konzertmeister anführen.

Chinesisches Neues Jahr: In Wien lebende Kulturfans aus China mit musikalischen Wurzeln sind die Initiatoren dieses erstmals veranstalteten Festkonzertes. Youtuo classical music institute GmbH nennt sich ihr Unternehmen, welches 2015 gegründet wurde. Kulturelle Austauschprogramme, Events im Bereich von Kulturtourismus, die Förderung junger Musiker, andere musikalische Projekte werden organisiert. Bis jetzt bereits erfolgreich auf der Liste von Youtuo: der Internationale Wiener Mozart Klavierwettbewerb oder das Kultur-und Kunstfestivals des Seidenstraßen-Wirtschaftsgürtels.

Philharmonic Generations Vienna: Gerade aus der Taufe gehoben! Dirigent Friedrich Pfeiffer, früherer Hornist der Wiener Philharmoniker, ist nun zu einem international gefragten Orchesterleiter mutiert – etwa als Musikchef des moldawischen Festivals in Butaceni oder gerade Wiener Ikone eines Neujahrskonzertes in Peking. Und er ist auch der Gründer von Philharmonic Generations Vienna. Geplant sowohl als Ensemble, welches auf Tourneen die Qualitäten Wiener Musikkultur demonstrieren möchte. Andererseits in Österreich aber auch Werke spielt, welche in den diversen Repertoires anderer Orchester zu selten oder gar nicht aufscheinen. Jetzt im Großen Musikvereins–Saal etwa den ‚Chineser Galopp‘ von Johann Strauß Vater. Doch sonst …. ‚Donauwalzer‘ und ‚Radetzkymarsch‘ dürfen auch bei einem asiatischen Musikschmaus nicht fehlen. Und ein paar China-Schmankerln kommen noch dazu: ‚Die gute Nachricht aus Peking‘ könnte ja recht lecker schmecken. Vor der Pause möchte sich aber Philharmonic Generations Vienna mit Mozart und Beethoven beweisen. Und in Auszügen aus Klavierkonzerten von diesen treten die 13jährige Ieong Neng aus Macau und der etwas älter Vincent Jiang Gatke zu pianistischen Bewährungsproben an.

Meinhard Rüdenauer   


LA VALLETTA/MALTA: Das Königliche Opernhaus im Januar 2019

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LA VALLETTA/MALTA: Das Königliche Opernhaus im Januar 2019


Foto: Klaus Billand

 Als ich auf meinem Flug von Wien nach Luxemburg am 20. Januar einen dreistündigen Aufenthalt in der Hauptstadt Maltas, La Valletta, hatte, nutzte ich diesen, um einen längeren Spaziergang durch die wirklich beeindruckende Altstadt zu machen. Ich hatte keine Idee, aufgrund mangelnder Vorbereitung aus Zeitgründen, dass ich da auch auf ein altes Opernhaus stoßen würde. Das wurde dann ein denkwürdiger Moment.


Foto: Klaus Billand

Ich stand vor einer Ruine mit einigen stehen gebliebenen antiken Säulen und sah im völlig zerstörten Innenraum profane hellgrüne Plastikstuhlreihen. Offenbar spielte man hier im Sommer Opern-Air-Theater. Ich fragte ein älteres maltesisches Ehepaar, was es mit der Oper auf sich habe und musste erfahren, dass die Deutschen bei Luftangriffen bei der Belagerung Maltas im 2. Weltkrieg im April 1942 die Königliche Oper praktisch ganz zerstört hatten. Der Herr meinte – so nett – „Das ist Vergangenheit, heute sind wir Freunde!“ Und es war ernst gemeint. Ein dann auch wieder schöner Moment! Das Königliche Opernhaus von La Valletta mit 1055 Sitz- und 200 Stehplätzen wurde nach fünfjähriger Bauzeit 1866 fertiggestellt. Schon 1873 war der Innenraum einmal fast ganz abgebrannt. Der Architekt war derselbe, der auch das Königliche Opernhaus Covent Garden in London entworfen hatte.


Foto: Klaus Billand


Foto: Klaus Billand

Ich kam auch beim leider geschlossenen, aber natürlich in äußerst begrüßenswerter Restauration befindlichen, völlig unscheinbar in einer engen Gasse liegenden Teatro Manoel vorbei. Mit dem Manoel besitzt Malta seit 1732 ein Theater, das heute als das drittälteste bespielte Haus der Welt gilt (Wikipedia). Wegen steigenden Interesses im 19. Jahrhundert an der Oper wurde es als zu klein befunden. Somit entstand das Königliche Opernhaus, dessen Reste heute ein trauriges Dasein fristen. Dazu diese Bilder.


Teatro Manoel La Valletta (aus einem Plakat fotografiert). Foto: Klaus Billand

Dr. Klaus Billand       

KÖLN: „MISTERO BUFFO“ von Dario Fo auf einer Kölner Bühne (Italienisches Kulturinstitut)

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Mistero buffo von Dario Fo auf der Bühne in Köln

Von Dr. Egon Schlesinger


Maria Mazza und Mario Pirovano in Köln. Copyright: Andrea Matzker

Zum ersten Mal seit dem Tod des Universalkünstlers und Literaturnobelpreisträgers Dario Fo fand außerhalb Italiens die Aufführung eines Theaterstückes der Compagnia Franca Rame Dario Fo statt. Sie war eingebunden in die Ausstellung seines in Deutschland weitgehend unbekannten malerischen Schaffens, die im Italienischen Kulturinstitut von Köln gezeigt wird. Auch diese Werke werden zum ersten Mal nach seinem Tod außerhalb Italiens vorgestellt.

Den zweistündigen Monolog aus Dario Fos Meisterstück Mistero buffo hielt kein geringerer als sein Schüler, Assistent und Codarsteller Mario Pirovano, der nicht nur in Italien, sondern auch weltweit als sein einziger autorisierter Nachfolger gilt und geschätzt wird. Pirovano arbeitete 35 Jahre lang eng mit Franca Rame und Dario Fo zusammen und lebte sogar die letzten zehn Jahre davon mit ihnen gemeinsam in Mailand. Fos allerletztes Werk über Darwin führte er gemeinsam mit dem Meister auf, bevor dieser 2016 starb.

Das Publikum im voll besetzten Theatersaal des Italienischen Kulturinstituts von Köln staunte nicht schlecht: Dario Fo schien leibhaftig vor ihnen zu stehen und zu agieren. Nicht nur, dass Mario Pirovano dem großen Autor und Schauspieler – bis auf die Körpergröße – äußerst ähnlich sieht, er hat scheinbar auch das gleiche Temperament, die gleiche Ausdruckskraft, die gleiche unbändige Spielfreude und den gleichen Sinn für Humor. Kein anderer kann besser darstellen, was Fo wirklich mit seinen Stücken, Vorträgen und Bildern bewirken wollte. Weltweit ist Pirovano auch der einzige dazu berechtigte Lehrer dieser einmaligen Kunst, die aufs Engste verwoben ist mit der Persönlichkeit des Meisters und der genauen Kenntnis seiner Werke und ihrer originalen Aufführungspraxis. Er gilt nicht nur als bester Darsteller und intimster Kenner der Materie, sondern übersetzte auch mit großem Erfolg Fos Werke ins Englische. Pirovano bedauert zutiefst, dass, seiner Meinung nach, keine deutschen Übersetzungen mehr getätigt werden, und vor allem zu selten Fo auf den deutschen Spielplänen stünde. Der Autor würde zu oft falsch verstanden und interpretiert. Besonders von der jüngeren Generation. Eine innovative Inszenierung in Sydney mit als Männern geschminkten Frauen sei zwar oberflächlich auffällig, aber ginge inhaltlich völlig am Thema vorbei. Er würde gerne zu Rate gezogen werden, bevor irgendwo auf der Welt eine allein Aufmerksamkeit erheischende Aufführung zum Tragen käme, die allerdings vorrangig im Sinne des Autors interpretiert werden müsse.

Pirovano verließ Köln nicht, bevor er die Heiligen Drei Könige im Hohen Dom besucht hatte, zumal ein Großteil seines Monologes sich mit diesem Thema beschäftigt. Am zweiten Teil des Rahmenprogrammes, eines Seminars zum Autor, konnte er leider nicht teilnehmen, da er Verpflichtungen in Italien hatte. Die Ausstellung im Italienischen Kulturinstitut von Köln mit 40 Gemälden des Meisters aus den letzten Jahren seines Lebens ist noch bis zum 15. Februar zu besichtigen.


Mario Pirovano bei seinem zweistündigen Monolog in Köln.  Foto: Andrea Matzker


Mario Pirovano bei seinem zweistündigen Monolog in Köln.  Foto: Andrea Matzker


Mario Pirovano bei seinem zweistündigen Monolog in Köln.  Foto: Andrea Matzker


Mario Pirovano bei seinem zweistündigen Monolog in Köln.  Foto: Andrea Matzker

 

Buchvorstellung: lisabeth Meyer-Topsøe: BIRGIT NILSSON. FRÅN VÄSTRA KARUP TILL METROPOLITAN

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Elisabeth Meyer-Topsøe:

BIRGIT NILSSON. FRÅN VÄSTRA KARUP TILL METROPOLITAN

Erschienen bei Bonnier Fakta/Schweden

ISBN 9789174247183

Bildergebnis für elisabeth meyer topsoe   birgit

Das Jahr 2018 stand im Zeichen des 100. Geburtstages der großen Birgit Nilsson. Es gab Konzerte in Erinnerung an die unvergleichliche Sängerin und die Verleihung des Birgit Nilsson-Preises an Nina Stemme. Umfassende CD-Kollektionen, die DVD „Birgit Nilsson: A league of her Own“ oder der Prachtband „Birgit Nilsson. 100: An Homage“ sind erschienen. Erstaunlich aber, dass außer der Autobiographie „La Nilsson“ (schwedisch 1995, deutsch 1997) bis zum Jubiläumsjahr keine umfassende Biographie vorlag, nicht einmal auf Schwedisch. Diese Lücke versucht nun Elisabeth Meyer-Topsøe mit ihrem heuer auf Schwedisch erschienenen Buch zu schließen. Die dänische Sopranistin, die in Kopenhagen und an der Opernschule in Stockholm studierte, arbeitete von 1978-1999 auch mit Birgit Nilsson, mit der sie bald eng befreundet war. Meyer-Topsøe erarbeitete sich – auch unter Christian Thielemann – ein Wagner- und Strauss-Repertoire, hatte zahlreiche Gastverträge (u.a. an der Staatsoper Wien) und war bei verschiedenen Festivals zu hören (z.B. erlebte ich sie 1996 in Savonlinna als wunderbare Senta). Sie war es, die anlässlich des 80. Geburtstags von Birgit Nilsson in der Stockholmer Oper „Isoldes Liebestod“ sang und bei deren geheim gehaltenen Begräbnis in Västra Karup das Gebet der Elisabeth.

Diese enge Verbindung mit Birgit Nilsson bestimmt natürlich den Ton des Buches – eine warmherzige Freundschaftsgabe, die aber nicht nur die schönen Seiten im Leben dieser außergewöhnlichen Sängerin beleuchtet, sondern auch so manchen Schwierigkeiten nachspürt.

Während der 1. Teil des Buches die auch aus anderen Quellen bekannte Biografie Birgit Nilssons von den schwierigen Anfängen bis zu den Höhepunkten ihrer Weltkarriere nachzeichnet, erfährt der Leser im 2. Teil Neues und auch Privates aus der Zeit vom Ausklingen ihrer Sänger-Karriere bis zu ihrem Tod (das waren nahezu 30 Jahre): von der Überwindung gesanglicher Probleme durch einen „rettenden Engel“ in Gestalt eines ganz jungen Pianisten, von Meisterkursen, von stetem Interesse an jungen Sängern und von der letzten, gesundheitlich beschwerlichen Zeit. Es entsteht das Bild einer starken und zugleich feinfühligen, vielseitig interessierten, humorvollen und generösen Frau, die eine große Stimme, aber – wie die Autorin betont – ein noch ein größeres Herz hatte.

Was in diesem Buch den Birgit-Fan aus alten Wiener Stehplatz-Zeiten besonders berühren mag, ist die Schilderung zweier junger Menschen (des Pianisten Max Günther und der jungen Elisabeth Meyer), die sich – von der Stimme und Ausstrahlung Birgit Nilssons getroffen  – ehrfurchtsvoll aber mit Enthusiasmus ihrem Idol zu nähern versuchten und tatsächlich zu Vertrauten wurden.

Wer also des Schwedischen ein wenig mächtig ist, dem sei dieses Werk empfohlen. Eine Reihe von Fotos, Dokumenten (z.B. handschriftliche Eintragungen in Klavierauszügen) und von Birgit Nilssons Zeichnungen und Briefen ergänzen dieses über 300 Seiten starke Buch, das u.a. über das Birgit Nilsson-Museum zu beziehen ist. (http://www.birgitnilsson.com)

Roswitha Karpf

Zur Neuproduktion Bayrische Staatsoper „Karl V.“ von Ernst Krenek

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Einwurf von Tim Theo Tinn
Zur Neuproduktion Bayrische Staatsoper Karl V. von Ernst Krenek

Bühnenwerk mit Musik in zwei Teilen (1938) Premiere am Sonntag, 10. Februar 2019

Auch wenn ich enttäuscht bin, dass Intendant Nikolaus Bachler mich aus seinem Dunstkreis der genehmen Rezensenten entfernen ließ, er meine Interview – Anfrage zum Thema „Inszenierungs-Programmatik“ ignorierte, werde ich mich weiterhin mit Aufführungen der Bayrischen Staatsoper beschäftigen.

Die Informationen des Hauses zur Premiere erscheinen unergiebig. Der Inhalt wird regelrecht fragmentarisch aufgelistet. Statt einer Hinleitung zur verschachtelten Handlung, dem Entschlüsseln der komplexen Handlungsstränge, werden einzelne Momente der Geschichte mit den handelnden Personen aufgelistet, es wird mehr ver- als entwirrt.
https://www.staatsoper.de/stueckinfo/karl-v/2019-02-10-18-00.html

(Scrollen bis unterhalb  der Termine und Besetzungen)
Bis Mehr dazu und Inhalt anklicken

Insbesondere hätte ich Würdigung der vielen feinstofflichen Handlungsknoten gewünscht (Geister, Erscheinungen, Eingebungen usw.) Dazu empfehle ich 5 „Dramaturgische Schriften“ im Feuilleton des Online – Merkers:
1.) Der Mensch – auf der Suche nach dem besseren Ich – vom erdgebundenen Ego zum übergeordneten Sein – Selbstzerstörung oder Bewusstseinssprung?
https://onlinemerker.com/gedanken-zu-inszenierungskonzeptionen-i-s-gesellschaftlicher-theaterreflektionen-von-tim-theo-tinn/

2.) Theater als hypothetisches Universum: Insel von expressivem oder intellektuellem Ausdruck? Heutige Trivialität oder utopisch/futuristisch und archaisch?
https://onlinemerker.com/dramaturgische-schriften-von-tim-theo-tinn-7-nr-2/

3.) Theater für den 6. Sinn: Parallelwelt fiktiver Universen in archaischer Tradition und quantenphysikalischer Betrachtung zur Seelensprache
https://onlinemerker.com/dramaturgische-schriften-von-tim-theo-tinn-nr-3/

4.) Theater und seine inszenatorischen Wirklichkeiten: Konsensrealität – Parallelwelt – physische oder feinstoffliche Welt https://onlinemerker.com/dramaturgische-schriften-von-tim-theo-tinn-nr-4/

5.) Innovatives oder Sackgassen-Theater?
https://onlinemerker.com/pragmatisches-musiktheater-inszenierungen-innovatives-portal-oder-sackgassen-theater/

Teil 6 erscheint in Kürze: Themen: Werktreue, Werkimmanenz, Wirkungsarten- u. kräfte in Inszenierungen

Nebenbei: am internationalen Haus sollte der grammatikalische Unterschied zwischen Genitiv und Dativ (2./3.Fall) noch beachtet werden: „Juan kritisiert Karl bezüglich dem Gold aus Amerika, …… richtig ist: … bezüglich des Goldes…

Sehr hilfreich zum Werkverständnis erscheint mir ein fast 70 Jahre alter Bericht zur Deutschlandpremiere aus dem „Spiegel“ von 1950. Dazu Auszüge:

KRENEK / Musik: Geschichte in zwölf Tönen

30.03.1950 Ausgabe: DER SPIEGEL 13/1950

Die Glöckner von Essen-Werden hatten sich zum samstäglichen Ave-Läuten eine Stunde eher als im Ruhrgebiet üblich in die Seile gehängt. Nichts störte die Deutschlandpremiere von Ernst Kreneks Oper „Karl V.“ als gelegentliches Kläffen der Werdener Dorfköter, denn Essens totalgeschädigte Stadtoper ist an einen äußerst geräuschempfindlichen Ort ausgelagert.
Die avantgardistischste Opernbühne im Kohlenpott haust seit sieben Jahren in einem obskuren Tanzsaal, …
Kreneks Oper „Karl V.“ erwies Verwendbarkeit ….

Dabei standen kaum Vorbilder zur Verfügung. Augen- und Ohrenzeugen der Uraufführung von 1938 im Prager Deutschen Landestheater sind relativ rar. Selbst der damals schon emigrierte Komponist schreibt davon nur als von einem „kurzen, geisterhaften Auftauchen“. Es war immerhin schockierend genug, eine der heftigsten Diskussionen in der neueren Operngeschichte zu entfachen – aus guten Gründen.

Das Thema des vom Komponisten selbst librettierten Geschichtskapitels rührte damals gefährlich an den Nerv der politischen Dinge. Das Jahr 1938 brachte mit der Annexion der „Ostmark“ einen neuen Sieg des nationalistischen Provinzialismus über die mit den Resten des Donaustaates verknüpfte Idee eines christlichen Weltreiches.
Eine ähnlich verderbliche Konstellation dieser beiden großen Prinzipien, deren Widerstreit Jahrhunderte hindurch Geschichte gemacht hat, behandelt Krenek in seiner Oper. Karl V. ist hier nicht mehr der kraftstrotzende Herrscher, in dessen Reich die Sonne nicht untergeht, sondern der Einsame von Estremadura, dem Asyl des Kaisers nach seiner Abdankung.

Vor dem „Jüngsten Gericht“ Tizians, das dieser 1554 im Auftrag Karl V. gemalt hat und vor dem der Kaiser gestorben sein soll, hält er Abrechnung über sein Tun und Lassen. Im Gespräch mit seinem Beichtvater versucht er, politische Fehlschläge als unausweichliche geschichtliche Notwendigkeit, aber auch aus der Zwiespältigkeit seines Charakters zu erklären, der tragisch gemischt war aus Macht und Ohnmacht, Tatendrang und Weltangst.
Wie zur Rechtfertigung seiner Haltung erscheinen während dieser Generalbeichte die wichtigsten Stationen seines Lebens als Visionen auf der Bühne: eine späte Begegnung mit Johanna der Wahnsinnigen, seiner Mutter, der Glaubensstreit mit Luther, Moritz von Sachsens Doppelspiel und andere entscheidende Episoden. …

….. Als zusammenschließendes Motto steht hinter diesem Bilderbogen eines Herrscherlebens die kaiserliche Devise: Plus Ultra – Immer weiter. Sie ziert das Wappen Karls V., zwei Säulen, zwischen denen jenes Spruchband flattert. Karl deutet dieses Zeichen als Symbol seiner widerspruchsvollen Natur, der Mönch sieht darin jene Säulen des Herkules, die Meerenge von Gibraltar, durch die Columbus einst nach Westen fuhr.

Auf einer anderen Reise nach dem Westen, auf der Flucht vor Verfolgung, fand Krenek später dieses Zeichen wieder: in dem amerikanischen Zeichen für den Dollar, $. „Es ist historisch durchaus möglich, daß sich die kaiserliche Allegorie in dem Sinnbild des modernen Kommerzialismus gespenstisch erhalten hat.“
„Wenn ich in meinem Automobil von San Francisco, durch Berge und Wüsten, an Oelquellen und Benzinpumpen vorbei, nach Los Angeles fahre, dann erinnert mich mehr als alles andere das allgewaltige $-Symbol an den alten Kaiser und sein großes Reich, das einmal Wien sowohl als auch die Hügel von Hollywood einschloß.“

„Frühzeitig in meiner Laufbahn fühlte ich mich angezogen von der Idee reiner, kompromißloser Schöpfung, unabhängig von den Strömungen des Tages. Gleichzeitig empfand ich jedoch immer wieder die Versuchung, praktische Resultate in dieser Welt zu erzielen.“

……Er blieb gebrandmarkt als Atonaler, der sich im „Karl V.“ ohrenscheinlich mit Haut und Haaren der Lehre des Zwölftonmeisters Schönberg verschrieben hatte. Die dickleibige Partitur zu „Karl V.“ ist über eine einzige Zwölftonreihe gearbeitet, sie bringt lediglich Abwandlungen einer einmal gewählten Anordnung aller zwölf Halbtöne der Skala.

Krenek bekennt, daß diese Arbeit, sein erster Versuch in Zwölftonschreibweise, „am Anfang von entmutigender Schwierigkeit war und nur sehr langsam voranging Es schien mir, als hätte ich vergessen, wie man komponiert, und der mühselige Fortschritt von Takt zu Takt war wie das Aushacken eines Pfades durch dürres, dorniges Gestrüpp“.

Das klingende Resultat zeigt noch Spuren dieser harten Arbeit. Es ist eine harte, brüchige Klangsprache, mit dem Akzent des abtrünnigen Romantikers gezeichnet, nervös angespannt und gehetzt. Der solistisch durchsichtige Orchesterstrom, der die Bildfolge auf der Bühne verschleift und verzahnt, turnt über alle Schnellen und Fälle des szenischen Berichts mit krausen Wirbeln, plötzlichem Anstau und jähen Entladungen. Am Partiturende steht ein aus allen zwölf Halbtönen hochgetürmter Akkord.

Das Ganze ist ein vielschichtiges Kompositum aus Musikdrama und Sprechstück, in das vielfältige Elemente, von der Oper bis zum Film, eingeschossen sind. Die Singstimmen sind oft abenteuerlich über riskante Intervallsprünge geführt, dann wieder auf der Tonebene des Sprechgesangs festgehalten.
Krenek hat diesen das Ohr anspringenden Klangstil nach 1938, dem Jahr seiner Emigration, noch weiter ausgebildet und an den verschiedensten Aufgaben erprobt. Er liebt das Experiment mit der Form, er hat sich „stets davor gescheut, dasselbe Stück nochmals zu schreiben“.

….Eine Kuriosität ist der „Fahrplan der Santa Fé-Linie“. In einer Seminarübung besprach Krenek mit seinen Schülern eine mittelaterliche Motette über den Stammbaum Christi. „Ich war so eingenommen von dem faszinierenden Stück, daß ich zu meinen Studenten sagte: ‚Das ist eine unglaubliche Leistung – man könnte ebensogut einen Fahrplan komponieren‘.“

Prompt schrieb er einen unbegleiteten sechsstimmigen Chor, der nichts anderes ist als die durchkomponierte Reihe der Stationsnamen auf der Santa Fé-Linie, von Albuquerque in New Mexiko bis Los Angeles – ein komponierter Fahrplan.

APROPOS: Schweigen ist Gold

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Schweigen ist Gold

Alte Sprüche können wie Banalitäten klingen, sich aber letztendlich auch als Weisheiten herausstellen. Zum Beispiel das gute, alte „Schweigen ist Gold“. Wie viele hätten sich gewünscht, sie hätten den Mund gehalten, statt mit irgendwelchen Geständnissen oder dummen Sprüchen herauszuplatzen. Denn heute gibt es die so genannten „Shitstorms“ im Netz. Und wenn sie auch – ehrlich gesagt – nichts wert sind, weil wir in einer Welt ohne Nachhaltigkeit leben und der nächste Shitstorm den alten vergessen lässt… manchmal sind die Folgen unausdenkbar.

Mit persönlich tut der Fall von Liam Neeson leid. Das war einmal ein so toller Schauspieler, der so tolle Filme gemacht hat („Schindlers Liste“, „Michael Collins“), und selbst die mittelmäßigen Krimis mit ihm, in denen er heutzutage zu sehen ist, mag ich gelegentlich ganz gern zur Entspannung (man hat schließlich auch private Qualitätseinbrüche…).

Der Mann hat vor zehn Jahren plötzlich seine Frau verloren (Natasha Richardson, Vanessa Redgraves schöne Tochter) und hätte sich da wirklich als tragischer Witwer mit zwei kleinen Söhnen gerieren können. Er tat es nicht, bewahrte Stillschweigen. Anerkennenswert. Das ist Haltung, sich privat nicht der gierigen Öffentlichkeit zu verkaufen.

Und nun? Um für seinen Film „Hard Power“ zu werben, erzählte er Journalisten, als eine Freundin von ihm von einem Farbigen vergewaltigt wurde, hätte er Lust gehabt, einen „schwarzen Bastard“ zu ermorden… Nun, in unserer Welt kann man nicht annehmen, dass ein halbwegs intelligenter Mensch nicht weiß, was er sagt. Wenn er in allen Zeitungen der Welt auftauchen wollte: Das hat er geschafft. Aber um welchen Preis? Dass man ihn „rassistisches Schwein“ schimpft und sein Verleih ihm im wortwörtlichen Sinn keinen roten Teppich mehr ausrollte. Den Rest seiner Karriere kann er sich vermutlich abschminken. Sich damit zu entschuldigen, das sei vor 40 Jahren geschehen – wie blöd ist das? Gleich den Mund halten – wie gescheit wäre das gewesen?

Die zeitliche Distanz funktioniert auch andersrum – wenn jetzt immer öfter Jahrzehnte alte Anschuldigungen laut werden, in welcher Sache auch immer, ist (bei allem Respekt für die Opfer natürlich) der Nachgeschmack stets peinlich. Und, bitte, ich sage es ehrlich – wenn Kardinal Schönborn in aller Öffentlichkeit erzählt, dass ein Priester ihn einst auf den Mund küssen wollte (wie alt er war, geht aus dem Bericht nicht hervor), dann frage ich mich wirklich, was ihm da einfällt. Wem soll ein solches Geständnis nützen? Ihm? Der Kirche? Den wirklich Missbrauchten?

Bei der Idee, aus spekulativen Gründen noch ein bisschen Schmutz aufzurühren, dreht sich mir der Magen um. So ehrlich es seine Eminenz gemeint haben mag. So ehrlich seine Heiligkeit der Papst, wenn er von den missbrauchten Nonnen spricht… Augias-Stall ausmisten? Oder ganz einfach einen Bauchfleck vor dem Zeitgeist machen? Müssen Päpste auch twittern wie manche Präsidenten, die man nicht zuhause haben möchte?

Also, würdelos ist das Ganze jedenfalls… Besteht die Welt nur noch aus Menschen, die das Bedürfnis haben, wie bei Karlich in der Öffentlichkeit schmutzige Wäsche zu waschen?

Renate Wagner

Warum rechnet sich Oper so schlecht? Traurige Gedanken nach einer großartigen „Dalibor“-Vorstellung im Staatstheater Augsburg (09.02.2019)

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Warum rechnet sich „die Oper“ so schlecht?

Traurige Gedanken nach einer großartigen „Dalibor“-Vorstellung im Staatstheater Augsburg (09.02.2019)

Natürlich wissen wir alle, dass „die Oper“ eine teure Angelegenheit ist und dass sie – ohne Subventionen (egal, ob vom Staat oder von mannigfachen „Sponsoren“) – eine noch teuerere Angelegenheit wäre. Und wir wissen auch, dass sie „eine (finanzielle) Kategorie kleiner“ nicht das ist, was wir erwarten. Also kann man daran wohl nichts ändern…

Wirklich nicht?

Ein großes Orchester und ein leistungsfähiger Chor, manchmal auch noch ein kompetentes Ballett-Ensemble haben ihren Preis. Sängerinnen und Sänger im Solo-Bereich kosten viel Geld. Eine Ausstattung eines Opernabends ist aufwändig, sowohl materiell, personell und erst recht finanziell. Alles bekannt. „Früher“, als ja bekanntlich alles besser gewesen sein soll, rechnete sich „die Oper“ auch schon nicht – oft aber wirklich besser, denn das alte System war flexibler als das jetzt übliche. Man konnte den täglichen Spielplan unkomplizierter beeinflussen und Rentabilität zumindest fördern. Am heutigen System missfällt mir schon lange, dass es sich verselbständigt hat. Nicht nur Termine liegen unumstößlich fest, sondern auch Besetzungen – ergo: im Falle eines Falles (den es ja nun immer und in jedem System gibt) hat man Probleme, oft große Probleme. Dabei geht es mir jetzt nicht um die Frage, ob ein Tenor erkrankt und – aus welchen Gründen immer – nicht kurzfristig ersetzt werden kann – das gab es früher auch und hat mit dem System nichts zu tun.

Mir geht es um „die Oper“, um die Werke also, die zunächst einmal vorliegen und nicht nach einem bestimmten „System“ verlangen. Wenn ein Werk stark und gut ist, gibt es mit ihm höchstens Besetzungsprobleme, keine aber bezüglich des „Verkaufs“, soll heißen: „Tosca“ kann man immer spielen (so man sie besetzen kann), das Publikum wird ebenso die Kasse stürmen wie bei „Carmen“ oder der „Zauberflöte“ – die  jährlich erscheinende Statistik des Deutschen Bühnenvereins beweist es. Nun gibt es natürlich auch Werke, die an der Kasse „nicht von allein“ laufen – auch das ist bekannt. Es spricht für die „Opernmacher“, dass sie nicht nur „Tosca“, „Carmen“ oder „Die Zauberflöte“ spielen, sondern sich zumindest bemühen, Werke zur Diskussion zu stellen, die „keine Renner“, doch aber wertvoll sind. Die vielfältigen Bemühungen nahezu aller staatlichen Bühnen ist anerkennenswert, oft sogar von Erfolg gekrönt.

Dann aber „greift“ das „System“: „früher“ konnte man mit Hilfe eines Repertoires steuern, man war nicht gezwungen, ein Werk in einer bestimmten Frist abzuspielen, jedenfalls konnte man reagieren, falls ein neues Werk (oder eine interessante „Wiederbelebung“!) nicht oder (wider Erwarten!) vom Publikum „angenommen“ wurde und Nachfrage herrschte. Man musste sich nur von Werken trennen, die absolut nicht „ankamen“ – sie konnten im Repertoire-Betrieb schnell wieder verschwinden, ohne dass dem Theater ein nennenswerter Schaden entstanden wäre. Heute steht von vornherein fest, dass das Werk nur in einem bestimmten Zeitraum eine bestimmte Anzahl von Vorstellungen bekommt – und die müssen dann stattfinden, passiere, was da wolle. Dieses „System“, bei allen künstlerischen Vorteilen, die es selbstverständlich hat, behindert die Entwicklung eines Werkes in jeder Beziehung! Ist es ein Misserfolg, bleibt man gezwungen, ihn …–mal zu widerholen; wird es ein Erfolg, den man ja jedem Werk in jedem Theater wünscht, ist seine Wirkung begrenzt, weil ja – leider! – nur sechs oder acht Aufführungen vorgesehen sind. Von Amortisierung der Herstellungskosten wird nicht nur nicht gesprochen, sie werden nicht einmal angedacht. „Und das ärgert unsere Alten“ – möchte ich mit Wagners „Meistersingern“ sagen!

Ich finde nicht alles Neue schlecht und bin auch nicht der Meinung, dass früher alles besser war – weiß Gott nicht! Aber: wenn das Staatstheater Augsburg, schon seit Jahren für einen mutigen Opernspielplan bekannt, einmal einen „Flop“ landet (wie vergangene Spielzeit bei „Prima Donna“) muss es sein Ensemble, besonders aber das Publikum dazu verurteilen, mit diesem Flop 10 Abende lang zu leben. Wenn das gleiche Institut dann aber – offensichtlich zur Überraschung aller, auch der Verantwortlichen – mit einer „Wiederentdeckung“ beim Publikum und zumindest Teilen der Presse „gut ankommt“, wie jetzt mit Smetanas sehr zu Unrecht vernachlässigter Oper „Dalibor“, dann kann es darauf keine Rücksicht nehmen, das Werk wird nach acht (!) Vorstellungen (von den geplanten neun Vorstellungen musste eine wegen plötzlicher Erkrankung „ersatzlos“ ausfallen!) abgesetzt, obwohl die Publikumsnachfrage groß ist und man sowohl für die vorletzte Vorstellung (am vergangenen Samstag) als auch für die letzte Vorstellung am 15. Februar 2019 keine Karte mehr bekam. (Übrigens: Ähnliches geschah am gleichen Ort vor einigen Jahren mit dem „Lohengrin“ und davor, unter etwas dubioseren Umständen,  mit „Tristan und Isolde“!)

Und das nenne ich vorsätzliche Verschwendung. Eine so große Oper vorzubereiten, einzustu-dieren, zu inszenieren und die technischen Voraussetzungen für die Aufführung zu schaffen, erfordert nicht nur viel Fleiß und Engagement, sondern eben auch viel Geld. Und wenn das Werk dann wieder Geld einspielen könnte, wird es abgesetzt. Das muss falsch sein, nicht nur ökonomisch, sondern auch künstlerisch!

Und so kann ich nur dem hervorragenden Augsburger Ensemble bescheinigen, dass alle an der Beschäftigung mit dem Werk „gewachsen“ sind, dass die Aufführung am 09.02.2019 eine großartige war und dazu – im ausverkauften Haus stattfand. Gern würde ich empfehlen, die Aufführung am 15.02.2019 zu besuchen – es ist zwecklos, auch sie ist bereits ausverkauft. Und dann ist eben Schluss, weil irgendwelche Verträge enden oder andere fadenscheinige Begründungen das rechtfertigen mögen. Verschwendung ist so etwas – man muss es einfach mal beim Namen nennen!

Meinen Premierenbericht im MERKER (online am 16.10.2018 und – erweitert und ergänzt –  im Heft Nr. 11/2018) schloss ich seinerzeit mit dem Satz: Ob nun die Zeit für Dalibor anbricht, wie Smetana einst meinte? Zu wünschen wär es.

Die (vorletzte) Vorstellung am 9. 2. 2018 jedenfalls war in ihrer Dichte und Konzentration der Beweis dafür, dass das Werk erschüttern und bewegen kann. Die hervorragenden  Solisten, allen voran Sally du Randt als leidenschaftliche Milada mit intensivem stimmlichen Ausdruck, Scott McAllister als stimmgewaltiger Dalibor und  Alejandro Marco-Buhrmester als nobler König mit Würde in Stimme und Spiel, die gut und sicher besetzten mittleren und kleinen Rollen (neu übrigens der Kerkermeister Benesch des Patrick Simper, der dieser schwierigen Figur ein durchaus überzeugendes Profil verlieh), Wiard Witholt als Budiwoj, Roman Poboinyi als Wietek und Jihun Cecilia Lee als Jitka, der sehr gute Augsburger Opernchor und das hervorragende Orchester, die Augsburger Philharmoniker, diesmal dirigiert von Ivan Demidov, wuchsen über sich selbst hinaus. Ergriffenheit im vollbesetzten Saal, lang anhaltender, herzlicher Applaus schon in der Pause, stärker dann noch am Ende der Vorstellung – und solch eine Aufführung verschwindet vom Spielplan? Nach acht (!) Abenden!  Unglaublich. Es gehört zum Metier Oper dazu, dass nicht nur die Künstler, sondern auch das Publikum sich ein Werk aneignen. Manchmal dauert das eine gewisse Zeit. Aber diese Zeit muss man allen eben gönnen, auch „Tosca“ war nicht sofort ein Welterfolg.

Die „teure Oper“ hat ein treues Publikum. Es schaut sich – was in anderen theatralischen Disziplinen nicht unbedingt die Regel ist – ein Werk mehrmals an, es hört sich hinein, es wächst mit ihm. Ebenso ergeht es den Künstlern – sie verabschieden sich nun von einer fruchtbaren und erfolgreichen Arbeit, ohne in Wahrheit Nutzen daraus ziehen zu können. Das ist Verschwendung von Geld und Ressourcen, ich bleibe dabei. Jedenfalls in Augsburg konnte unter diesen Umständen die Zeit für „Dalibor“ nicht anbrechen, vielleicht gelingt es ihm in Frankfurt/Main (Premiere 24.02.2019) oder in seiner Heimatstadt Prag (Premiere 27.Juni 2019).

Als ich am Theater anfing, galt eine Aufführung, die nicht wenigstens 25 Reprisen erlebte als „Flop“. Heutzutage ist man selbst an Theatern mittlerer Größe schon zufrieden, wenn man zehn Aufführungen erreicht – skandalös. So, das musste ich mal loswerden, es ärgert mich schon lange (und trifft leider nicht nur auf Augsburg zu, das sei zu dessen Ehre gesagt!) Es stimmt eben auch nicht, dass die „Alten“ immer nur meckern, weil ihnen angeblich die Inszenierungen nicht gefallen, sie meckern, weil sich Dinge verändert haben, die dem Metier schaden!

Werner P. Seiferth

SAISONSTART 2019 DER „KERZENLICHT-KONZERTE“

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SAISONSTART 2019 DER „KERZENLICHT-KONZERTE“ (16. MÄRZ – 20. OKTOBER)

Der Leiter der „Kerzenlicht-Konzerte“, Robert Pobitschka, kann für die heurige Saison mit einer Ausweitung des Programms aufwarten. In den vergangenen Jahren etablierte sich das Festival mit seinen vielen Standorten nachhaltig und zog in verstärktem Maße auch überregional Publikum an.

Meine Frage an Robert Pobitschka: Wie ist diese doch signifikante Steigerung begründbar? “ Aus zweierlei Gründen. Erstens konnten wir zwei neue Spielorte gewinnen. Stift Zwettl gilt als kulturelles Zentrum der Region und Schloss Schrattenthal bei Retz erwies sich als besonders zugkräftig, zumal die Schlossherrenfamilie Schubert voll hinter dem Projekt steht und bei der Werbung tatkräftig mithilft. Als Resultat war das Konzert am 15.9.2018 in der Schlosskirche ausverkauft. Zum anderen ist es geglückt, namhafte Künstler wie Rainer Küchl (Erster Konzertmeister der Wiener Philharmoniker) oder Franz Bartolomey (Erster Solocellist der Wiener Philharmoniker) für unsere Konzertreihe zu gewinnen.

Ich erinnere mich an Paul Badura-Skoda im Eröffnungskonzert 2018: Pobitschka: „Ja das Publikum war vom musikalischen Ausdruck und auch dem Charme der immerhin über Neunzigjährigen sehr berührt. Ich bin bestrebt, namhafte Künstler zu für uns erschwinglichen Bedingungen zu engagieren. 

Welche Höhepunkte weist nun das Programm 2019 auf?:

Wir beginnen am 16. März in Waidhofen/Thaya gleich sehr prominent mit einem Ensemble bestehend aus Mitgliedern der Wiener Philharmoniker (siehe Plakat)

Auf dem Programm stehen neben Schuberts Forellenquintett auch zwei zeitgenössische Kompositionen: Ulrich Küchls „Kontraste“ und mein eigenes „Zweites Klavierkonzert“.

 


Kammerorchester des Mozarteumorchesters. Foto: NÖN/Baumrucker

Ein weiterer Höhepunkt wird das Konzert am 15. Mai im Stift Zwettl, das wir in Kooperation mit der Stiftsmusik Zwettl (MMag. Marco Paolacci) gemeinsam durchführen und bei dem ein Kammerorchester des Mozartumorchesters Salzburg unter der Leitung des Ersten Konzertmeisters Markus Tomasi zu hören ein wird.


Schloss Schrattenthal. Foto: Schloss Schrattenthal

Ein Abend, auf den ich mich persönlich besonders freue, ist „Bach bei Kerzenlicht“ am 11. Mai auf Schloss Schrattenthal, Franz Bartolomey wird die Suiten 4-6 für Violoncello von Johann Sebastian Bach interpretieren.“

Ich entnehme dem Programm, dass Sie als Pianist selbst öfter aufscheinen. „Meine erste Begegnung mit den Kerzenlicht-Konzerten waren Engagements als Pianist auf Schloss Rosenburg, damals noch organisiert von der langjährigen Intendantin und Gründerin Elfriede von Manowarda. Ich habe die Serie 2011 von ihr übernommen gestalte weiterhin einige Abende als Pianist. 2019 gestalte ich zwei Soloprogramme, das erste am 13. April im Festsaal der Burg Gars , die erstmals Austragungsort unserer Konzerte sein wird.“


Schloss Greillenstein. Foto: Schloss Greillenstein

Der zweite Soloabend findet am 28. September im Schloss Greillenstein statt, wo unsere Serie seit vielen Jahren Unterstützung durch die  Schlossherren Grafen Kuefstein findet.

Was kann man sich unter einem Kerzenlicht-Konzert überhaupt vorstellen? „Kerzen sind für mich ein Symbol der Verinnerlichung. Die etwa 50 Kerzen sollen in den Zuhörern den Eindruck der Musik vertiefen. Darüber hinaus verstärken sie das stimmungsvolle Ambiente unserer Veranstaltungsorte“.

Wie ist das in Kirchen? Kerzen zählen dort ja zur „Grundausstattung“? „Da haben Sie recht! Für mich persönlich ist Spiritualität aber auch ein Grundelement von guter Musik. In der Tat ist die Stimmung bei unseren Kirchenkonzerten besonders um dieses Element erweitert. Ich verweise auf den 20. Oktober, an dem wieder die japanische Geigerin Yoko Saotome-Huber in der Stadtparrkirche von Waidhofen/Thaya zu hören sein wird.


Yoko Saotome-Huber. Foto: Higa

Seit ihrem Auftreten als Solistin in Vivaldis „Vier Jahrezeiten“ 2017 ebendort erweist sie sich geradezu als Publikumsmagnet. Damals wurde sie von einem Philharmonikerensemble unter Erich Binders Leitung begleitet“.

Termine, Kartenverkauf: www.kerzenlicht-konzerte.at

 

Dann wünsche ich Ihnen für die Saison viel Erfolg.


APROPOS: And the „Oscar“ goes to…

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And the „Oscar“ goes to…

Es war eine seltsame Nacht, ein Favoritensterben und Überraschungen, die dann sofort die Wogen hochgehen ließen. Nun bin ich ein Fan von „Green Book“, dem offenbar allgemein so verachteten Film, weil er nichts weiter sein möchte als ein „well made movie“. Was mir, wenn es eine wichtige Geschichte erzählt, dann immer noch lieber ist als die Affektation der Regisseure, die gewiß sehr viel können, aber stets danach schielen, dass jeder auch bemerkt, wie toll und intellektuell und innovativ und ungewöhnlich und weiß der Himmel was noch sie alles sind… In diesem Sinne war ich mit dem überraschenden Ende, mit „Green Book“ als bestem Film, ganz zufrieden, wenngleich es, wie gesagt, „interessantere“ Streifen im Angebot gab. Trotzdem – die „Oscar“-Academy hat schon „falscher“ gegriffen.

Favoritensterben zeigte sich bei den „besten Hauptdarstellern“, wobei ich natürlich die Quoten der Wettbüros nicht kenne, aber ich bin überzeugt, dass Glenn Close und Christian Bale weit vorne lagen. Der Fall Glenn Close ist besonders tragisch, denn sie wurde bisher siebenmal nominiert, und nach den Preisen, die sie für „Die Frau des Nobelpreisträgers“ (an sich eine schwache Soap, aber sie war toll) schon heimgetragen hat, schien es eine „sichere Bank“. Sie wirkte auch sehr siegessicher, als sie in ihrem phantastischen Kleid (goldene Robe mit Schleppe, eine Königin) in der ersten Reihe saß – als hätte sie schon gewonnen. Nun, sie ist 72, „Oscar“-Rollen gibt es nicht alle Jahre, zumal nicht in ihrem Alter, also war’s das wohl. Wenn man den Übergangenen dann irgendwann einen „Ehren-Oscar“ nachwirft, wirkt das immer wie Hohn…

Gerne gebe ich zu, dass die Siegerin, Olivia Colman in „The Favourite“, die weit interessantere Darstellerinnen-Leistung vollbracht und zu Recht gewonnen hat, echt überrascht wirkte und bei ihrer Dankesrede sehr sympathisch war. (Nur ihr grünes Kleid mit grauer Drapierung mag tausendmal von Prada gewesen sein, blöd hat es doch ausgesehen.)

Christian Bale saß vorne, wieder gertenschlank, mit Bart: Niemand, der es nicht wusste, hätte diesen Schauspieler mit dem dicklichen Dick Cheney in „Vice“ in Verbindung gebracht – eine unter aufopfernder körperlicher Qual errungene Meisterleistung. Bale hat 20 Kilo zugenommen und nachher wieder abgespeckt, das ist ein Opfer, das man wohl vor allem in Hinblick auf einen „Oscar“ vollbringt… (normalerweise funktionierten solche Kunststücke in der Vergangenheit). Dass dann Rami Malek die Statue gewann, der in „Bohemian Rhapsody“ ja doch nicht viel mehr tun musste, als möglichst schrill wie Freddie Mercury auszusehen (während Bale vermittelte, wie skrupellos Politik gemacht wird, die Hunderttausende Menschenleben kostet…) – ja, das war überraschend.

Nicht überraschend der Nebenrollen-„Oscar“ für Mahershala Ali in „Green Book“, eine hoch souveräne, hoch differenzierte Leistung – und wohl die einzige, die den Prognosen entsprach. Gerne gönnt man Regina King ihren Nebenrollen-„Oscar“ für „If Beale Street Could Talk“ (nach dem Roman von James Baldwin), aber ehrlich gestanden war ihre „gute Mutter“ hier nicht annähernd so interessant wie die „böse Gattin“, die Amy Adams in „Vize“ gezeigt hat… Aber „Oscars“ werden immer auch Geschmackssache bleiben.

Hollywood hat sich auf „Roma“ versteift, es wurde bester fremdsprachiger Film und Alfonso Cuaron bester Regisseur, sicherlich verdient, da gibt es nichts zu meckern. Spike Lee, der wohl mehr erwartet hat als nur einen Drehbuch-Oscar, sorgte in lila Gewand mit lila Mütze für starke Präsenz zumindest seiner Person. Es war überhaupt ein „Oscar“, wie er politisch korrekter nicht hätte sein können: Man hatte den Eindruck, kein weißer Präsentator wagte sich ohne „farbige“ Begleitung auf die Bühne. Jetzt kann man vielleicht langsam, irgendwann den Krampf mit den Minderheiten aufgeben und zur schlichten Normalität kommen.

Nun, Hollywood ist jedenfalls angekommen, Amerika unter Trump vielleicht noch nicht ganz, aber wie man sieht – Bewusstseins-Fortschritt ist möglich.

P.S. Dass ich relativ „leicht“ bis halb 6 Uhr früh vor dem Fernseher ausgeharrt habe, dankte ich den Pausengesprächen von Alexander Horwath und (mir gänzlich unbekannt) Lillian Moschen, zwei hoch kompetente Leute, die sich dennoch nicht aufs hohe Roß geschwungen, sondern ihr Wissen klug und doch sehr persönlich gefärbt mitgeteilt haben. Ich habe mich auf jede Werbepause des US-Fernsehens gefreut, weil dann die Wiener Moderatoren in Aktion traten…

Renate Wagner

APROPOS: Gesucht: eine Emmy Werner

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Gesucht: eine Emmy Werner

Als ich vor der „Don Giovanni“-Aufführung bei der Abendkasse der Staatsoper vorbei kam, auf der ein großes Schild „Sold Out“ prangte, sah ich Dominique Meyer hoch vergnügt mit dem Mann in der Kasse plaudern. Ich bedauerte, keinen Fotoapparat bei mir zu haben, denn die Möglichkeit, einen Theater(Opern)-Direktor unter einem „Ausverkauft“-Schild zu fotografieren, ist zwar etwas, das in der Wiener Staatsoper öfter verkommen mag als anderswo, aber wahrlich nicht die Regel…

Womit ich beim Thema Volkstheater bin, das für das Jahr 2018 zugeben musste: 52,4 % Prozent Auslastung, sprich: das halbe Haus leer. Anna Badora hat ganze Arbeit geleistet und ein wunderbares Theater voll Tradition (und vor ihr auch noch mit Gegenwart gesegnet) in kürzester Zeit zugrunde gerichtet.

Nun kann niemand in die Zukunft sehen, und selbst die bösartigsten Theaterhasser hätten nicht ahnen können, was sie mit der Berufung dieser Dame (selbst wenn sie alles absichtlich hätten ruinieren wollen) angerichtet haben. Über verschüttete Milch zu weinen, macht auch keinen Sinn. Es ist einfach alles kaputt, man muss neu anfangen – eine Aufgabe, um die man niemanden beneidet.

Immerhin trauen sich 70 Persönlichkeiten zu, den Karren aus dem Dreck zu ziehen – so viele Leute haben sich nämlich um die Direktionsnachfolge am Volkstheater beworben. Schreckliche Idee, dass die Jury jetzt über all diesen Konzepten sitzen muss und unter der Verantwortung stöhnt, nicht wieder einen Flop-Direktor (genderfrei, alles drin) zu produzieren.

Für eine verklatschte Stadt wie Wien ist man übrigens erstaunlich diskret, eigentlich sickerte nur ein Name richtig durch. Und einen anderen kann ich mir mit Horror vorstellen: Ich denke, bevor man das Haus an Paulus Manker gibt (ungeachtet der legendären Verdienste seiner Eltern), könnte man es gleich selbst abfackeln, bevor er es tut…

Der Name, der immer wieder fiel, lautet Maria Happel. Eben erst hat man sie wieder auf der Bühne gesehen, in Ionescos „Stühlen“ im Akademietheater, eine Schauspielerin, deren Können und Format das übliche Maß übersteigen. „Nur eine Schauspielerin“, wird man sagen, „kann die das?“

Nun, ihre Ambitionen reichen über das Spielen hinaus, man hat allein in Reichenau eine Handvoll Inszenierungen von ihr gesehen, darunter einen brillanten „Zerrissenen“ von Nestroy. Sicher, es wäre besser das „Learning by Doing“, ein Intendant zu sein, nicht an einem so großen Haus wie dem Volkstheater zu beginnen. Aber in der Not?

Und die Not ist groß. Warum eigentlich kann ich mir vorstellen, dass Maria Happel eine richtige Entscheidung wäre, wie einst Emmy Werner es war? Weil Schauspieler wissen, wie wichtig sie für das Theater sind – viel wichtiger als die Verballhornung von Stücken durch willkürliche Regisseure, die aus Grillparzers „Ottokar“ ein Idioten-Kabarett machen.

Ich bin überzeugt, dass sich seit Max Reinhardts Tagen an seiner Erkenntnis nichts geändert hat, dass das Heil nur vom Schauspieler kommen kann. Vom guten Schauspieler, der ein Publikums ins Haus holt und ihm etwas mitgibt, wenn es wieder hinausgeht. So dass es das Bedürfnis hat, wieder und wieder zu kommen. Vielleicht könnte Maria Happel die Heilsbringerin sein. Die Jury hat jedenfalls eine Verantwortung, um die man sie nicht beneidet.

Renate Wagner

APROPOS: „Lernen Sie Geschichte!“

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„Lernen Sie Geschichte!“

„Lernen Sie Geschichte!“ sagte Bruno Kreisky strafend zu einem Journalisten, der dumm genug war, seine Unbildung merken zu lassen. Und wie recht er doch hatte, der große Kreisky. Man kann’s nicht besser und klarer sagen: Lernen wir Geschichte, denn nichts, absolut nichts auf dieser Welt ist voraussetzungslos zu begreifen und zu erklären. Andererseits fühlen sich die am wohlsten, die am zufriedensten im Sumpf ihrer Unwissenheit tümpeln…

„Geschichte lernen“ bedeutet selbstverständlich in erster Linie, sich mit politischen Entwicklungen auseinanderzusetzen. Der Mensch ist ein „homo politicus“, die Ausrede „Politik interessiert mich nicht“, gilt nicht. Aber es gibt noch andere Geschichte, eine persönliche, die jeder hat. Und Opern- und Theaterfreunde haben die eigene Geschichte ihrer Erlebnisse und daraus resultierenden Erfahrungen. Auch das ist Wissen, ein Wissen, das zählt.

Nun passiert es immer wieder, dass ältere Leute, die natürlich in anderen Welten geprägt und sozialisiert worden sind, im Gespräch mit anderen (oder auch in den Kritiken, die sie schreiben) das eigene Wissen abrufen. Um von der Jugend wild abgemahnt zu werden: Hört doch auf, Ihr ewig Gestrigen, wen interessiert das? Junger Mann, es sollte Euch interessieren – wenn Ihr gescheit seid. (Sonst nicht.)

Es ist das Vorrecht der Jugend, sich selbst für die Allerklügsten und alle anderen für alte Trottel zu halten. Keine Sorge, das regelt sich mit dem Fortschreiten der Jahre (immer vorausgesetzt, dass man klüger wird), man sieht die Dinge dann anders. Weil man auch mehr weiß.

Wer wenig weiß und sich unter Zwergen bewegt, wird diese Zwerge für Riesen halten. Erst wenn er wahre Riesen kennen gelernt hat, wird er (vielleicht) beschämt eingestehen, dass er sich in den Größenverhältnissen geirrt hat. Urteile brauchen Maßstäbe (nicht nur schäumende Selbstgefälligkeit): Wer nicht weiß, wie groß ein Meter ist, wird nicht wissen, dass etwas nur 60 Zentimeter hat – oder auch nicht staunen, wie viel 1,50 Meter sind. Der Vergleich macht sicher.

Und – man muss lernen. Heinrich Schramm-Schiessl, mit dem per e-mail wunderbar zu plaudern ist, hat mich neulich an unsere Stehplatzzeiten gemahnt: „Ich weiß nicht, ob Sie sich am Opernstehplatz noch an die legendäre Frau Brandstetter erinnern können, die immer wieder von Slezak, vom Piccaver usw. geschwärmt hat. Keinem von uns wäre damals eingefallen, sie als rückwärtsgewandt zu bezeichnen, sondern wir haben staunend und manchmal auch beneidend zugehört.“ Und noch etwas, wir hatten, was es heute nicht mehr gibt: Respekt.

Und wie ich mich an Frau Brandstetter erinnere, wie oft bin ich in ihrer Nähe auf meinem Stockerl vor der Staatsoper gehockt (direkt von der Wenzgasse hingefahren, die Aufgaben auf den Knien gemacht)! Sie hat mich auch einmal total zusammengeputzt. Sie sprach von Selma Kurz, die mir kein Begriff war. Ich kannte nur Mimi Coertse, die man („Kurtze“) so ähnlich aussprach. Gott o Gott, als die Frau Brandstetter begriff, wie ungebildet ich bin! Und ich habe mich geniert.

Ich habe dann etwas gemacht, was ich heute noch tue, wenn ich etwas wissen will: Ich kaufe Bücher. Nicht eines, sondern mindestens zwei, drei zu einem Thema. Dann erfährt man im allgemeinen wirklich etwas. Und lernt. Und dann weiß man: Wo wären wir, wenn die Großen der Vergangenheit (Gustav Mahler etwa, Namen schon mal gehört?) an der Institution der Oper nicht so großartig „gearbeitet“ hätten? Wo wären wir, wenn… aber da kann man mit dem Aufzählen gar nicht beginnen. Geschichte kennen.

Ja, und wenn man aus seinem Wissen heraus (und, zugegeben aus der eigenen Prägung) manche Arbeiten heutiger Regisseure (nein, nicht den großen Harry Kupfer, nicht große andere, die sich mit den Werken auseinandersetzen) als plumpes Aufmerksamkeits-Haschen erkennt, tatsächlich oft aus Dummheit, Unkenntnis und Naivität geboren (man höre sich an, was Sänger zu erzählen haben, aber nicht zitiert werden wollen) – darf man dann in einer Welt der Meinungsfreiheit wirklich dafür gerüffelt werden, dass man sich „der neuen Zeit nicht stellt“?

Man stellt sich ihr durchaus, bloß: Gewogen und zu leicht befunden. Aus guten, sehr guten Gründen. Und mit ein bisschen Wissen. Wissen um Geschichte – auf allen Gebieten.

Renate Wagner

APROPOS: Man kann auch gescheiter werden

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Man kann auch gescheiter werden

Ich habe es mit Vergnügen gelesen, dass die Modewelt etwas berichtigen will. So wie der verstorbene Karl Lagerfeld es einfach für ein „no go“ hielt, wenn man in Trainingshosen auf die Straße geht (recht hatte er), so will das Modezentrum Paris eine Wiederkehr der Eleganz ausrufen. Wunderbar. Ich finde es irrsinnig, albern und hässlich, wenn Herren zu Abendanzügen Turnschuhe tragen, egal, wie viel diese Dinger gekostet haben mögen. Ja, es sollte die Möglichkeit geben, Fehlentscheidungen zu korrigieren…

Manchmal wünsche ich das auch den armen Engländern. Da hat man sie in den „Brexit“ hineingehetzt, jetzt verzweifeln sie an der Situation (man muss nur – im Internet geht das ganz leicht – dazu ein bisschen die englische Presse lesen, da kommt es wirklich heraus). Hoffentlich sind sie nicht zu stolz („stubborn“ können sie wirklich sein), um noch einmal das Volk zu befragen. Wenn sie dann wieder dumm entscheiden – so sei es. Aber wenn ein Großteil der Bevölkerung die Möglichkeit wahrnähme, die Vernunft zu Wort kommen zu lassen… dann würden sich die in Brüssel hoffentlich auch nicht beleidigt und unversöhnlich anstellen. Wäre doch schön. Aber ich fürchte, die ganze Sache ist gelaufen – und geht für niemanden gut aus.

Mit dem geplanten Hochhaus am Heumarkt ist, so hoffe ich, noch nicht alles verloren. Ich habe ja damals die Grünen (die Grünen!!!), die sich nicht entblödet haben, dieses widerliche Kapitalisten-Projekt zu bejahen, das Wien den Kulturhauptstadt-Rang kosten kann, aus tiefem Herzen verflucht. Wasser und Brot und hartes Lager für alle! Aber die Wähler haben sie ohnedies abgestraft.

Nun will sogar die Regierung eingreifen, und das ehrt sie. Ich bin kein Jurist, aber ich fürchte, dass beide Seiten, Stadt und Land, jetzt wie knurrende Hunde in Sachen „Zuständigkeit“ über einander herfallen werden. Wie ist das rechtlich – kann das Land Österreich die Stadt Wien overrulen?

Mir fiele ja eine optimale Lösung ein, ganz im Sinne von Churchill, der seine politische Meinung im Lauf seines Lebens oftmals geändert hat: Man kann ja klüger werden. (Oder, wie Adenauer sagte: „Was gebe ich auf mein Geschwätz von gestern?“ Ein Satz, als ich ihn Robert Meyer hinschrieb, mir die lebenslange Feindschaft der Volksoper eintrug. Egal.)

Ich hätte also die wunderbare Idee, dass Bürgermeister Michael Ludwig, der an dieser Katastrophenentscheidung ja überhaupt nicht beteiligt war, die Größe hätte zu sagen: „Liebe Leute, das wohl eine falsche Idee, lassen wir es sein.“ Und die Herrschaften, die hier auf Kosten der Stadt Millionen machen wollen, sollen sich anderswo umschauen. Die Welt ist groß. Es muss nicht unser Wien sein, das man verschandelt.

Renate Wagner

WIEN/ MuseumsQuartier/ Halle E: BRODSKY / BARYSHNIKOV

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Wien, MuseumsQuartier / Halle E

„Brodsky / Baryshnikov“

17.3.2019 / Renate Publig

(Die ursprüngliche Ankündigung – eine Vorstellung am 15.3. wurden noch eingeschoben)

„Eine One-Man-Show, in der die Ballett-Ikone Mikhail Baryshnikov Gedichte des Nobelpreisträgers Joseph Brodsky rezitiert“, könnte man lapidar das Programm „Brodsky / Baryshnikov“ zusammenfassen. Die beiden Männer verband eine Freundschaft, die 1974, dem Jahr von Baryshnikovs Emigration begann und 1996, mit dem Tod Brodskys endete. Als sie erstmals 1974 auf einander trafen, sagte Brodsky: „Nehmen Sie Platz, wir haben einiges zu besprechen.“ Und Baryshnikov ergänzt: „Seit dem Abend damals dauerte unser Gespräch an und hörte zwanzig Jahre lang nicht auf“. Rezitiert wurden ausschließlich Brodskys russische Gedichte, die in deutscher Sprache übertitelt wurden.


Joseph Brodsky mit Mikhail Baryshnikov, New York 1985. © Leonid Lubianitzky

Regie zu diesem Programm führte Alvis Hermanis, er inszeniert in einem 90 Minuten-Abend Gedichte eines entwurzelten Poeten. (Brodsky musste 1972 die Sowjetunion verlassen.) Gedichte über Einsamkeit, Altern, Tod, Schicksal, Nicht-Heimat in einer Wort“imposanz“ („-gewalt“ wär hier völlig verkehrt, denn trotz der Wucht der russischen Sprache klangen oft sanfte, wehmütige Töne an …), die selbst im Filter der Übersetzung noch die Seele treffen. Wie gut, dass die Übersetzungen im Gleichtakt mit dem Gesprochenen projiziert wurden, dadurch blieb wenig Zeit zum (Nach-)Denken, sondern „nur“ dafür, sich mit der Emotion tragen zu lassen. Intensiv, berührend, und „auf schaurig-wehmütige Weise schön“.

Was Mikhail Baryshnikov betrifft, gestehe ich freimütig, dass mir jegliche Neutralität fehlt. Ich war noch ein Kind, als ich Baryshnikov 1977 in der Volksoper sehen, nein, erleben durfte – ein Abend, der in meinem Gedächtnis wundervolle Spuren hinterließ. Denn, um Brodsky zu zitieren: „Vergangenheit passt nicht restlos ins Gedächtnis, sie braucht Zukunft“, und in diesem Sinne war die Freude groß, dem großartigen Künstler noch einmal live zu begegnen.

Baryshnikov, mittlerweile 71, präsentierte also ein 90-minütiges Programm, rezitierte eine Vielzahl an Gedichten auswendig, las andere (aus dramaturgischen Gründen) vor – und traf mit seinen Interpretationen ins Mark. Und seine Bewegungen … allein, wie er den alten Mann markiert, der nicht mehr die Kraft zum Aufstehen von der Sitzbank hat, um ein paar Minuten später herumzuwirbeln …

Optisch bot sich ein einfaches, berührendes Konzept: Ein „Reisender“ setzt sich auf die Bank vor einem heruntergekommenen Glaspavillon, packt aus seinem Koffer eine Flasche Schnaps, ein Handtuch, zwei Gedichtbände. Beginnt, im Gedichtband zu lesen. Erst lautlos, dann gemurmelt, dann laut vorlesend. Der Vorleser verschmilzt immer mehr mit der Figur des Vertriebenen (= des Poeten). Liest ein Gedicht exakt in der Diktion des Dichters vor, als die Originalstimme des Dichters ertönt, wird sie eins mit der Stimme des Vorlesers, bis diese verebbt. Der Glaspavillon wird zum „Gehirn“ des Dichters, zum „Mind Palace“, der trotz Verfall seine Schönheit nicht verloren hat. In diesem Pavillon transformiert Baryshnikov das Gesagte, das Gefühlte in Körpersprache.

Renate Publig

 

BUCH: JAN TUROVSKI: MADAME BOURGIN /edition andiamo

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BUCH: JAN TUROVSKI: MADAME BOURGIN /edition andiamo

Bildergebnis für MADAME BOURGIN von Jan Turovski

Paris. Mai 68. Umbruch. Alexandre als Student mittendrin und doch zuallererst seinen eigenen Interessen nachspürend. Der Sohn aus bürgerlichem Haus arbeitet neben seinem Studium der Literatur als Hauslehrer für zwei störrische Töchter bei den Bourgins, beide sind noch Teenager, wobei es sich nicht vermeiden lässt, dass er sich in die Dame des Hauses sowie in das Hausmädchen verliebt.
Man siezt sich in solchen Kreisen auch noch im Frankreich der zu Ende gehenden de-Gaulle-Ära. Selbst nach dem Austau Man siezt sich in solchen Kreisen auch noch nach dem Austausch von Leidenschaften, auch nach Treuebrüchen der verschiedensten Art, denn die beiden Frauen sind beileibe nicht Alexandres einzige Geliebte.
Etikette oder wahre Liebe, Spiel oder Ernst, wie findet man das große Glück der Zweisamkeit in einer Umbruchzeit, die so vieles verspricht? Gibt es die Frau, von der Alexandre sagen könnte: „Als ich sie das erste Mal sah, wusste ich, dass mein Haus kein Dach mehr hatte“?

MEHR INFOS/ BESTELLEN

DRAMATURGISCHE SCHRIFTEN VON TIM THEO TINN Nr. 6. Staatsoper München: Zur Inszenierung „La Fanciulla del West „ Zerbrechen oder Überhöhen? – Werktreu, werkfremd, werkimmanent? In München horten Flüchtlinge „am sozialen Abgrund“ Gold! Goldrausch im Arbeitslager Kohlebergwerk!

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Staatsoper München – La fanciulla del West  – 

Oper  von  Giacomo Puccini  – Premiere am  16. 3.2019

Libretto nach dem Schauspiel The Girl of the Golden West von David Belasco.

Zur Inszenierung:

Zerbrechen oder Überhöhen? – Werktreu, werkfremd, werkimmanent? In München horten Flüchtlinge „am sozialen Abgrund“ Gold!  Goldrausch im Arbeitslager Kohlebergwerk!

 DRAMATURGISCHE SCHRIFTEN VON TIM THEO TINN Nr. 6


Bayerische Staatsoper © Wilfried Hösl

Das Gute – dieser Satz steht fest – ist stets das Böse, was man lässt!

Wilhelm Busch, „Die fromme Helene“

Vorgriff auf Dramaturgische Schriften Nr. 6, TTT:

Die Zukunft des Musiktheaters liegt im Bezug zu universalen Welten: was heute passiert oder gestern war ist bekannt,  futuristisch – archaische Möglichkeiten geben Autonomie in Inhalt und Logik und damit Alleinstellungsmerkmale des Theaters, d. h. wir bewegen uns in Parallelwelten, Variantenräumen einer Wirklichkeit, die durch die Erschließung der Quantenenergien ohnehin immer neuere Konturen erhält.

1789 Goethe: im Theater geht es nicht um literarische Vorlagen, sondern die Inszenierung ist Gegenstand.

Ich bin gegen die Erfindung werkfremder Inhalte oder werktreuer „Pseudo-Originalität“.  Werkimmanente Sichtung heißt: dramatische Strukturen in Ort, Handlung, Textentsprechung gem. Vorlage und schlüssiger Wahrhaftigkeit bleiben ohne Purismus erhalten – Historismus verhindert oft Transformation. Nach der Entwicklung folgender Ausführungen bleibt nur der werkimmanente Ansatz.

Meine grundsätzlichen Eindrücke dieser werkfremden Inszenierung bitte ich den Ausführungen vom 16.3.d.J. zu entnehmen „Szenischer Dilettantismus, Dirigat degeneriert – und kein Buh“ https://onlinemerker.com/muenchen-bayerische-staatsoper-la-fanciulla-del-west-premiere/.

Ich untersuche völlig subjektiv am Beispiel der Münchner Inszenierung die Chancen theatraler Zukunft werktreuer, werkimmanenter oder werkfremder Inszenierungen. Dabei erläutere ich im Rahmen dramaturgischer Sichtung die Schlüssigkeit der „Fanciulla“ aus heutiger Sicht auf ein 109 Jahre altes Werk, dass vor 169 Jahren spielt. Erstaunlicherweise bleiben unschlüssige Brüche aus der Werktreue in der Werkfremdheit dieser Inszenierung oft gleich oder werden erhöht. Beim Ausblick in Welten, die sich weder archaischer noch fiktiver Zukunft zuordnen lassen, werden Umstände schlüssig und bedeutsam. Diese werkimmanente Form steht über dem Realismus, ist surreal.

Der Inszenator ist Mitte 50, mit Preisen überhäufter Filmregisseur, der „in seinen Filmen auf Improvisation und Handkamera setzt“. Seit 2006 hat er nun die 4. Oper inszeniert. Im Musiktheater kann man keine improvisierten Schnappschüsse aufnehmen und am Schneidetisch nach einer Lösung suchen. Die Festlegung von Ausdruck und Personenregie im Raum gehören, ebenso wenig wie eine dramatische historische Vorlage in theatrale großformatige heutige Bühnensprache zu bringen, nicht zu seiner bisherigen Profession. Im Ergebnis der Fanciulla–Inszenierung bestätigt sich dieses naheliegende Unvermögen. Die Dramaturgie wird vom derzeit üblichen Mainstream abgekupfert. Bei der folgenden Betrachtung des Werkes ergeben sich völlig andere Schwerpunkte bzw. Inhalte als vom Inszenator beschworenes soziales Elend und Flüchtlingsleid,  Bühnenbild und Kostüme scheinen sich an der Wiener Inszenierung zu orientieren.

Grundsätzlich kann am Theater alles gemacht werden, man sollte allerdings beachten, ob hier Weltgeltung oder Werkstattcharakter besteht – und es bleibt beim Otto Schenk – Zitat: „Es muss nur gut sein!“

Bei Überlegungen zum Subtext (https://de.wikipedia.org/wiki/Subtext) habe ich in San Francisco eine historische Ausgabe gefunden. Dortiger Übertitel zur Intention Puccinis:

„Ein Drama der Liebe und der moralischen Erlösung, dunkel und weit mit primitiven Charakteren und unberührter Natur“

Damit steht Puccini über der Münchner Interpretation, steht also über Realismus, ist surreal, alles wird schlüssig, da wir uns nun in Methapern und Allegorien bewegen können. Ich folge den dramatischen Strukturen Puccinis werkimmanent in sublimem Surrealismus.

Werkimmanenz: keine Deutungen außerhalb des Werkes liegender Faktoren oder Umstände. Surrealismus: unwirklich, traumhaft, Unbewusstes, Absurdes, Phantastisches.

Max Planck, großer Physiker im 20. Jhdt. (schuf Grundlagen der Quantentheorien): „…. nicht die sichtbare, aber vergängliche Materie ist das Reale, Wahre, Wirkliche –, sondern der unsichtbare (immaterielle), unsterbliche Geist ist das Wahre, Wahrhaftige“ – das gilt es zu finden.

Erstaunlicher Weise ist es in 3 von 4 Kunstformen (bildende Kunst, darstellende Kunst, Musik, Literatur) seit Jahrhunderten selbstverständlich die nackte kalte Wirklichkeit/ Konsensrealität zu verlassen – nur darstellende Theaterkunst bleibt heute rückständig – ist rückständig geworden.

 Tatsächlich traute man sich z. B. schon im 15 Jhdt. mit Monteverdi und Co. in feinstofflichen Welten zu inszenieren. So konnte man mit schöpferischem Gestalten ausdrücken, was Menschen denken und fühlen – heute, immer seltener, bevorzugt man die platte Wirklichkeit unser Konsensgesellschaft.

In Mailand während des Studiums gehörte Puccini zu den Scapigliati, den „Zerzausten“– Intellektuellen aus Literatur und Musik in Verehrung internationaler Autoren: Baudelaire, Heinrich Heine, Edgar Allan Poe, E. T. A. Hoffmann u. A.  Poeten, die sich in Fantastik, Symbolik – in Varianten – /Parallelwelten unserer Tageswirklichkeit/ Konsensgesellschaft bewegen – das war Initiierung der Puccini- Klangwelten – sollte er bei seinen Libretti nicht auf die Deutungstiefe geachtet haben?

Soziale Anklage überließ Puccini den sog. Veristen (gesteigerter Realismus), Pietro Mascagni, Ruggiero Leoncavallo etc.  Puccinis Musik verlässt reale Handlungen, bildet Subtext in psychologischer Vertiefung.

Erstaunlicherweise behaupten die meisten Autoren zur Münchner Premiere die Seltenheit von Fanciulla – Inszenierungen. Tatsächliche wurde in den letzten Jahren z. B. in Frankfurt, Leipzig, Zürich, Hamburg, New York (mit vielfacher Kinoübertragung in Europa), Stockholm, Stuttgart, Paris, Mannheim, Essen inszeniert.

Und diese Inszenierungen bewegen sich alle erdschwer im Niemandsland zwischen Werktreue oder -fremdheit, im Verismus unserer Wirklichkeit, jenseits von Puccini-Intentionen – das kann auch so sein – aber schafft man so die Berührung mit dem Kosmos des Klang-Giganten?

……denn man kann die Welt und ihre sozialen Gegebenheiten nicht einfach hinter sich lassen.“ Zitat des Inszenators. Und wenn doch?

Ein unwirklicher zauberhafter Ort, fantastisch, surreal in goldenem Licht. Jenseits von Archaik oder Science Fiction, in dem Menschen feiern, tanzen, auch spirituell sein können. Ohne die „Star Wars“ Filme imitieren zu wollen, ist dort die Balance zwischen archaischen und futuristischen Welten ideal. Optik sollte artifiziell und niemals alltäglich sein.

Atmosphärische Beispiele für Fanciulla Bilder.

 Kritisch-paranoischer Surrealismus   – Dalí

 Auflösung des Beharrens der Erinnerung  – Dali

 

 Werner Schaad, Metamorphose im Raum, 1930.

 René Magritte, Die große Familie, 1963

Meditative Rose 1958 S. Dali

Zur Beachtung: vielfältige Bedeutung Rose, auch als Fraktal der Vagina

Magritte – Les Amants (Lovers). Beispiel 1. Kuss Minnie/Johnson

Der erste Kuss Minnies spielt eine große Rolle, kann in Surrealem jenseits des reinen Körperkontaktes tiefere Bedeutung haben: Kuss als Zeichen von Versöhnung, Erlösung, Erweckung, Abhängigkeit, kann für Verehrung und Verbindung stehen. Auflösung der Identität nimmt eindimensionale sexuelle Ausrichtung. Die Tücher sind schlüssig, da Minnie als „Unberührte“ so leichter die Scham vor dem ersten Kuss verliert.

Inhalt
Original (werktreu)

Kalifornien im Goldrausch in Minnies Saloon mit Ballsaal („Zur Polka“- übersetzt: „Zur Polin“) in einer Goldmine. Freie männliche Abenteurer (Völkergemisch, multiethnische Gesellschaft) saufen, spielen, Männer tanzen im Ballsaal miteinander, prügeln, geben bei Minnie ihr Gold in Verwahrung. Ein Minne-/Bänkelsänger singt. Einem Falschspieler wird eine Spielkarte an die Stirn geklebt, soll ihn für alle Zeiten als Betrüger kennzeichnen. Ein Anderer will aus Heimweh nach Cornwall, England. Man sammelt für ihn, da er wohl ohne Gold ist und er geht frei und selbstbestimmt. Sucht nach Gold bestimmt den Alltag: Nick schon zu Beginn: „Unser Problem ist die gelbe Malaria – das Gold vergiftet alle!“, es sind also Goldgräber, die aus Goldsucht im selbst auferlegtem Schicksal in der Goldmine sind, keine unterdrückten Opfer totalitärer Macht (Inszenierung München), keine erbärmlichen Flüchtlinge sondern selbstbestimmte Einwanderer.

Die starke Minnie trägt Männerkleidung, dominiert alle Männer, ist umworben, ungeküsst, lebt im selbst gewählten Zölibat, hat trotz Ballsaal noch nie getanzt hat, kokettiert mit ihrer Weiblichkeit zur Umsatzsteigerung (Nick zu Minnie: „Jedes Lächeln von dir bringt ne Bestellung“), ist bigott und gibt Bibelstunden, obwohl die Kerle da schon viel Whiskey getrunken haben und sehr einsilbig sind. Wie die Legende des Wilden Westens Calamity Jane, benimmt sie sich wie ein Mann, hat Vater-Komplex – nur so einem Mann wird sie sich hingeben. („…Mutter mit Vater heimlich füßelte. So einen Mann…, den würde ich lieben.“) Gesteht später aber auch Unbedarftheit („Ich hab nur für 30 Dollar Bildung, bin nur ein armes Mädchen,  etc.“) Macht bei Johnson „auf kleines Mädchen“.

Ebenso dominant ist Sheriff Jack Rance, ein Macho, der seine Frau für Minnie verlassen, für Liebesdienste 1000 Dollar zahlen will.  Er ist so ein Gerhard Schröder (Altbundeskanzler BRD), ein Donald Trump, jemand, der alle Ideale verrät, im Selbstmitleid zerfließt (Text: „….  Habe mein Haus verlassen, man hat mir keine Träne nachgeweint, niemand hat mich je geliebt, ich habe auch nie jemanden geliebt. Nichts auf der Welt macht mir Freude, ich habe ein verbittertes und vergiftetes Spielerherz, begegne dem Leben mit Hohn und Spott“), lebt ohne jede Einsicht zu möglicher Besserung (s. Subtext: moralische Erlösung).

Minnie beschwört den Vaterkomplex, Rance: „Vielleicht gibt es den Prachtkerl ja bereits!“  und prompt erscheint Dick Johnson: Liebe auf den 1. Blick mit Minnie, jetzt ohne Dominanz. Sie hatten sich schon mal gesehen, „tiefschürfende“ Erinnerungen: Sie „Sie haben mir einen Jasminzweig gegeben.“  Er fragte damals „Gehen wir Brombeeren pflücken?“ Sie „Ich wollte nicht.“ Er „Ich hab Sie nie vergessen“ etc. Tatsächlich ist Johnson der Bandit Ramerrez.

Johnson ist Bandit durch Geburt, er hat nie Anderes gekannt. (1. Akt: „Ich weiß selbst nicht recht wer ich bin.“ 2. Akt: „Ich weiß, dass ich ein Schuft bin – ich bin als Schurke geboren, … ich wusste nichts “) er kommt, um das Gold zu rauben. Durch die Liebe zu Minnie kommt er davon ab, bereut, ist zur Besserung, damit zur Erlösung fähig (2. Akt: Ich träumte … Oh, Gott gib…., mit Minnie weit, weit weg zu fliehen…, um ein neues Leben zu beginnen, voll Arbeit und Liebe….“)

Johnson wird erkannt und angeschossen. Zu seinem Schutz betrügt Minnie Jack Rance im Kartenspiel um das Leben des Geliebten und Sex mit ihr. Trotzdem steht Johnson später am Galgen, Minnie erscheint, will zunächst mit Gewalt, dann mit polemischem Appell an die Wohltaten, die sie den Männern im Spirituell-Humanem gegeben hat, die Hinrichtung verhindern. Und tatsächlich ergehen sich alle in sakralen Gesängen, geben den Banditen frei, der mit Minnie Kalifornien verlassen will. Minnie will also ihren Saloon aufgeben.

Interpretation der Bayrischen Staatsoper (werkfremd): Neues Drama

Sozialer Abgrund mit Flüchtlingselend, schmutziges Kohlebergwerk in Osteuropa als Arbeitslager mit Stacheldraht. Flüchtlinge am sozialen Abgrund in armseliger uniformer grau grüner schmutziger heutiger Arbeitskleidung (keine Individualität – mit dem Chor muss man halt umgehen können) – sonst bleibt alles beim Original – Unschlüssigkeiten werden z. B. mit Gold im Kohlebergwerk, Flüchtlingen mit Gold, Einsätzen von z. B. 100 Dollar beim Kartenspiel, Whiskey- und Zigarrenrunden für Alle und ständiger nächtlicher Dunkelheit in allen Bildern erweitert. Ein Flüchtling und Zwangsarbeiter geht aus eigenem Willen nach Cornwall usw. Persönliche Charakteristika der Hauptdarsteller werden nicht betont, lediglich besungen.

Ideen einer werkimmanenten Sichtung in sublimem Surrealismus

Ein unwirklicher zauberhafter Ort, fantastisch surreal in goldenem Licht aus der Goldmine s.o. wird Polka genannt. Unterstellt, dass Puccini hier eine Bedeutung unterbringen wollte:  der Begriff weißt transzendent in der Traumanalyse auf die spirituelle Verbindung zum Göttlichen hin, welche jeder Mensch in sich trägt. Ob das nun stimmt oder nicht ist egal. Im Surrealen wird Polka dazu erhoben. Dieser Ort erweckt auch Assoziationen an Bordelle, Chinesenviertel mit taoistischem Tempel, Opiumhöhlen, Bullenkloster (nur Unterbringung von Männern). „Ob das nun stimmt oder nicht“ erinnert auch an Konfessionen aller Glaubensrichtungen oder Parteiprogramme: deren Selbstinszenierungen gehen weit über Stimmigkeit im Alltag hinaus. Das kann Niederschlag in Kostümen finden, in denen man überhöhte optische Zitate z. B. diverser Priester unterbringt, die es in unserer Welt im übertragenen Sinn auch als (oft verlogene) Goldgräber gibt (aktuell s. Papst und Kinderschändung). Hier kann auch übertrieben salbungs- und huldvoll gesabbert werden. Ja, das könnte man sogar als szenisches Zitat nehmen. Da segnet jemand in übertriebener weißer Soutane.  Die aktuelle Behauptung, dass 80 % zölibatärer Priester schwul sind, lässt sich auch im „Bullenkloster“ unterbringen. (Nicht zur Bloßstellung sondern zur Kenntlichmachung der Umstände in unserem Alltag, die manchen diese Flucht gehen lässt!)

Ein Völkergemisch aller Kontinente, eine multiethnische Gesellschaft in unbekannter Zeit ferner Zukunft oder Vergangenheit. Hispanoamerikaner, Asiaten, Schwarzafrikaner (um 1850 noch versklavt), Natives (Ureinwohner), Mestizen, Spanier, Franzosen, Deutsche, Engländer, Polen usw.:  der Melting Pot (Schmelztiegel der amerikanischen Nation). Die Kostüme sind unterschiedliche potenzierte Wirklichkeit mit Nationalitätszitaten in Anlehnung/Synthese an Star Wars, Wild West und Frieda Kahlo. Mglw. sitzt man auch gem. u.st. Gemälde von F. Kahlo im Baum. Körpersprache ist reduziert gezirkelt – unwirklich. So wird werkimmanent das Thema Migration (Schmelztiegel) unterschwellig berücksichtigt, aus bestehendem Libretto, nicht durch Veränderungen, ohne Presseerklärung (Voltaire: „Alles was eine Erklärung benötigt, ist einer Erklärung nicht wert!“)

Frieda Kahlo, Family Tree

Das Kartenspiel erfolgt ritualisiert mit großen Tafeln, die für Publikum deutlich sichtbare langsamere Aktionen bieten, kein diffuses Gewurschtel. (Es gibt durchaus einen surealen Bewegungskatalog.) Es wird gestritten. Ein fröhlicher und besinnlicher Feierabend, selbstverständlich tanzen Männer mit Männern, Küssen sich, raufen, saufen, noch gibt es  Rassismus und Unfrieden: „du Spanier, gelber Chinamann“ Minnie erhält Blümchen von einem Goldgräber (frisch gepflückt im Winter, das kann nur Metapher sein), von anderen ein blaues und rotes Bändchen – auch diese Aktionen werden übertrieben groß und bedeutungsvoll sakral im Gefühl der sublimen Musik inszeniert.

Die Bestrafung des Spielbetrügers Sid ist real Blödsinn („… Karte anheften. Dies ist eine Warnung, er wird nie wieder eine Karte anfassen – Wenn er es wagt, wird er aufgehängt“) Der Blödsinn kann surreal groß werden: die Karte wird zum Brandeisen, dass sich tief im Gesicht einbrennt – das ganze Gesicht wird zur Fratze mit diesem Brandmal. Sid wird wahrhaftig mit dieser surrealistischen Verfremdung gebrandmarkt. So wird Schlüssigkeit und Brutalität erreicht. Wichtig, da ja keine Schmuse-Inszenierung intendiert ist. Vielleicht nutzt man auch mal olfaktorische Möglichkeiten (dezent – verbranntes Fleisch) nach vernehmbarem Brutzeln des Brandmals. Das kann nur Theater, wurde aber wohl noch nie gemacht.

Eine ebensolche Härte kann bei dem Walzer, den Minnie zum ersten Mal in ihrem Leben tanzt, gezeigt werden. Puccini wusste, dass Walzer zunächst wegen Unzüchtigkeit verpönt war, als obszön und skandalös galt. Wenn Johnson und Minnie sich tanzend entfernen, muss etwas Obszönes in surrealer Übertreibung – als Perspektivwechsel fürs Publikum mit dem Aufblitzen einer veränderten Szene – aufschrecken – das kann z. B. eín überschminktes Drag – Queen – Paar (aus dem Bullenkloster, in der Aufmachung an Minnie und Johnson erinnernd) bei tanzenden Sado-Maso-Praktiken (s. Frieda Kahlo oder s. u. Max Ernst, Entkleidung der Braut 1939) sein.

Die Sucht nach Gold, die gelbe Malaria ist ein zentrales Thema. Außerdem wird viel Whiskey getrunken. Werkimmanent surreal könnte man (muss bzgl. theatraler Wirkung überprüft werden) diese Süchte zusammenfassen: es wird geschnüffelt aus berauschenden Whiskey-Ballons, die aus einem Kompressor mit der Aufschrift – gelbe Whiskey-Malaria, von Nick, dem Barmann gefüllt werden. Bei jeder Whiskey Bestellung wird textgemäß dieser als surrealer Ballon serviert – übergroße Luftbälle verlieren beim Schnüffeln der Protagonisten ihr Volumen und werden zu schlaffen Hüllen. Unterschwellig wird der Ballast assoziiert, den man sich  mit Sucht und Alkohol, (hier „Schnüffelstoffe wie Benzin, Aceton, Toluol, Trichlorethylen und Fluorkohlenwasserstoffe) auferlegt.

Soweit ein Teil dramatischer Exposition. Die Geschichte führt letztlich zu „Freude, schöner Götterfunken“. Beethoven, wie fast alle Musiktheater – Komponisten steht hier auch über der Realität:  getriebene Menschen transformieren zum Ideal einer humanen Gesellschaft. Bedingungslose Liebe greift um sich, alle Menschen werden Brüder in der großen Schluss-Apotheose ( Verherrlichung/ Verklärung). Bedingungslose Liebe ist das Ideal der Nächstenliebe in allen Weltreligionen.

Vorher im letzten Bild: die Hinrichtung Johnsons am Galgen wird vorbereitet. Die Szene muss Brutalität und Ekel bewirken. Johnson steht mit dem Strick am Hals, es gibt zwei Ebenen.  Auf der höheren überlagernden Fläche bringt man 2 tote übergroße Schweine auf Spieße. Diese toten Schweine wurden nicht ausgenommen, sie kommen auf die Spieße und  werden aufgeschnitten, nun  quellen langsam völlig unkontrolliert, völlig übertrieben Mengen an Gedärmen (graue Darmschlangen etc. )aus den toten Tieren, verzweifelt wird versucht, diese Gedärme zu stoppen, bzw. wieder in die Schweine zu stopfen. Dabei werden die Menschen mit Blut und anderen Flüßigkeiten aus den toten Tieren besudelt.

Das Schlussbild wird meditativ sakral (z. B. Dali, meditative Rose s.o.)  – Minnie: „Schaut her, ich werfe die Waffe weg! …. was wahre Menschenliebe wirklich bedeutet Brüder. Es gibt auf der Welt keinen Sünder, für den es nicht auch eine Erlösung gibt!“ (s. Subtext Puccini: Liebe und moralische Erlösung aus dunklen primitiven Weiten)

Der Galgen zur Hínrichtung ist surreal und wird im Moment der Läuterung  zu einer Synthese aus Kreuz und Leuchtturm mit diamantenem Licht, entweder durch Veränderung der Position oder aus der Versenkung. Alle Kostüme (außer Minnie und Johnson) werden zu Kutten, großes Verzeihen, alle Waffen werden abgelegt, alle Arme auf die Schultern. Kutten sind verlängerte Hemden, die nun aus den Hosen runtergelassen werden. Es gibt einige Kutten als Farbtupfer, die meisten sind beige. Einige Kostüme sind auch im Finale auffälliger, wie die bunten Vögel im Leben.

Überhöhung Minnie/Johnson am Schluss: um vom einfachen Individuum zu großem aufgeklärt Menschlichem zu kommen, wachsen Beide überweltlich zu riesigen Giganten, die alles überlagern in Wolkenberge. Die technischen Möglichkeiten von Hologrammen, scheinen das heute möglich zu machen. (https://www.youtube.com/watch?v=YJQZkIhpnKI)

Weitere Themen, die zu surrealer Umsetzung einladen: Gold, Brombeeren, Jasminzweig.

Spirituelle Verkettung vom ersten zum zweiten Akt: der 51. Psalm David, den die unberührte Minnie in der Bibelstunde vorträgt: „Jeder trägt im Herz ein kleines Pflänzchen. Wasch mich, dass ich weiß werde wie Schnee, schaff in mir ein reines Herz, verleih mir erlesene Gedanken! Möge jeder im Herzen die große Wahrheit der Liebe bewahren!“ (Dieser Text sollte mlgw. nur gesprochen werden und schallt laut wie über Megafone durchs Theater.)

Im 2. Akt küsst Minnie, küsst zum ersten Mal im Leben, lässt sich berühren – und es schneit, ein gewaltiger Schneesturm. Johnson: Wie es schneit“ Minnie:Der ganze Berg ist weiß, es gibt kein Zeichen für einen Weg!“ Es schneit, alles wird weiß (51. Psalm David): das Zeichen zu reinem Herz und erlesenen Gedanken.  Das geht über triebhaftem Sexus weit hinaus. Eine Metapher zur Liebe.

Aufeinandertreffen und wiedererkennen Minnie/Johnson: wird surreal ein Déjà-vu 
(Erinnerungstäuschung, man glaubt, ein gegenwärtiges Ereignis schon erlebt zu haben).

Kartenspiel Minnie-Rance im 2. Akt wird zum Gottesurteil.Usw.

Es werden keine Fremdthemen instrumentalisiert und zur gefälligen Unterhaltungsschmonzette herabgewürdigt.

Jack Rance, Sheriff ist Vertreter staatlicher Gewalt, dämonisch, vital animalisch, steht für gesellschaftliche Verkrustung, Kostüm: Mischung aus Darth Vader Star Wars, Wild West Sheriff und Satyr (Mischwesen aus Mensch und Ziegenbock) mit einem Huf statt Fuß, den er durch weite Hosen verheimlicht, der aber immer mal sichtbar wird. Ebenso hat er ein zweites Gesicht, dass hin und wieder ganz kurz aufblitzt (s. u. Totenkopf, Woodroffe 1978, Line of Duty)

Dick Johnson – Kostüm : Jedi Ritter Starwars, Wild West,Torrero, Siegmund (Wagner), Er ist in einem Unrechtssystem, wie auch heute totalitäre System solange normal erscheinen, wie man Teil dieses Systems ist – erst mit dem Blick von außen kann sich diese Welt bessern. Dieser begrenzte Kosmos eine Unrechtsystems zum Universum bedingungsloser Liebe ist sein Weg. Vielleicht Leiden Christi andeuten – ggf. wird er auch schon ans Kreuz genagelt. Er hat  Schuld auf sich geladen, wird erlöst.

Minnie – Kostüm: Synthese aus Nonne, Prinzessin Leia Star Wars, Johanna von Orlean, Lebt spirituell im Urvertrauen eines glücklichen Kindes. ein Mensch – der Ideale verkörpert in verlotterter Gesellschaft – Vertrauen, gibt anderen Hoffnung durch höheres Ich.  Die reine Unschuld jenseits menschlicher Schwächen oder doch nicht? Das Klischee vom unberührten Menschen idealtypisch auf dem Weg zum Besseren – Humanismus. Die Vaterverehrung ist mglw. nicht auf den biologischen Vater bezogen, sondern auf eine übergeordnete transzendente Macht in allen Universen.

 

Woodroffe 1978, Line of Duty

Sheriff Rance wird immer mal diese Fratze in kurzem Blitzlicht haben

Max Ernst, Entkleidung der Braut 1939, Walzer – Drag Queen


Jack Wallace, der Bänkelsänger : Troubadix aus Asterix


Hirschhochzeit, 1959, Genercilic, naive Malerei

 

Minnie: Wirtin der Schenke „Zur Polka“ (Sopran)
Dick Johnson: Anführer einer Räuberbande namens Ramerrez (Tenor)
Jack Rance: Sheriff (Bass)
Nick: Kellner der Schenke „Zur Polka“
Ashby: Agent der Transportgesellschaft Wells Fargo (Bass)
Billy Jackrabbit: ein Indianer (Bass)
Wowkle: Billys Squaw (Mezzosopran)
Jack Wallace: Bänkelsänger (Bariton)
José Castro: Mestize aus Ramerrez‘ Bande (Bass)
Weitere:
Sonora – ein Goldgräber (Bariton)
Trin – ein Goldgräber (Tenor)
Sid – ein Goldgräber (Bariton)
Harry – ein Goldgräber (Tenor)
Joe – ein Goldgräber (Tenor) Bello – ein Goldgräber (Bariton)
Happy – ein Goldgräber (Bariton) Larkens – ein Goldgräber (Bass)
weitere Männer aus dem Goldgräberlager (Chor) und ein Postillion (Tenor)

Tim Theo Tinn 26. März 2019
Profil 1,5 Jahrzehnte Festengagement Regie, Dramaturgie, Gesang, Schauspiel, auch international. Dann wirtsch./jurist. Tätigkeit, nun freiberuflich: Publizist, Regie, Dramaturgie etc. Kernkompetenz: Eingrenzung feinstofflicher Elemente aus Archaischem, Metaphysik, Quantentheorie u. Fraktalem (Diskurs Natur/Kultur= Gegebenes/Gemachtes) für theatrale Arbeit. (Metaphysik befragt sinnlich Erfahrbares als philosophische Grundlage schlüssiger Gedanken. Quantenphysik öffnet Fakten zur Funktion des Universums, auch zu bisher Unfassbarem aus feinstofflichem Raum. Glaube, Liebe, Hoffnung könnten definiert werden).


Gendergerechtigkeit in der dt. Sprache. Ein Aufsatz von Dr. Klaus Billand

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Gendergerechtigkeit in der dt. Sprache. Ein Aufsatz von Dr. Klaus Billand

Thomas Steinfeld ( Geschlechtergerechtes Deutsch? Grammatikalisch unmöglich!) geht das Thema weniger emotional als Michael Zerban an, kommt aber über eine genauere Betrachtung der eigentlich hier zur Diskussion stehenden Phänomene, nämlich des biologischen und des grammatischen Geschlechts, zum gleichen Schluss. Das Ganze ist eine Verdummung und unzulässige Verfälschung der deutschen Sprache, zumal diese mit Änderungen der Grammatik nicht mit sich spielen lässt. Und somit sollte man damit sofort aufhören, wie übrigens alle Schriftsteller in ihren Büchern und sonstigen Schriften nie darauf eingegangen sind. Übrigens auch nicht die Schriftstellerinnen. Und sie alle sollten eigentlich Deutsch beherrschen.

Es gibt ja nun noch ein weiteres Argument, das zur sofortigen Beerdigung der Verdopplung der Substantive wie „Die Studenten und Studentinnen“ oder die „Einwohner und Einwohnerinnen“ etc. führen sollte. Warum eigentlich liest man nie die „Einbrecher und Einbrecherinnen“, die „Ehebrecher und Ehebrecherinnen“ und ähnliche, möglicherweise noch negativer besetzte Substantive?! Steinfeld macht nämlich klar, dass

„Zwar gibt es Wörter, in denen das Ableitungsverhältnis in der Bedeutung verschwunden zu sein scheint. Die „Lehrerin“ zum Beispiel oder auch die „Bundeskanzlerin“ treten praktisch als unabhängige Figuren auf. Grammatisch ist das Verhängnis aber immer noch da. Diese Eigenheit der deutschen Sprache führt dazu, dass die Verfechter der geschlechtergerechten Sprache die Dominanz des Männlichen reproduzieren, wenn sie Gleichheit zu schaffen meinen.“

Noch intensiver steht es dabei mit den abhängigen Figuren auf, also z.B. „Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen“ etc. Ich habe schonmal vor dem Problem gestanden, dass ich einen Aufsatz begann, in dem im ersten Paragraphen von etwa einer halben Seite immer wieder abhängige Formen vorkamen, also wie „die Forscher“, danach die „Stundeten“, etwa sieben Mal. In dem Fall hätte ich sieben mal die „-innen“-Form dazu setzen müssen. Ein Lesen wäre zur Qual geworden. So ist es ja auch lustig zu sehen, dass selbst die Verfechter der geschlechtergerechten Sprache oft nach einiger Zeit nicht mehr so genau hinschauen bei den abhängigen Figuren, es also schon mal bei den „Wissenschaftlern“ im weiteren Textverlauf allein belassen. Möglicherweise wird ihnen auch das Lesen dann zu fad…

Erschreckend ist unterdessen, dass selbst das Deutsche Goethe-Institut, welches insbesondere zur Verbreitung der deutschen Sprache und Kultur im Ausland geschaffen wurde, immer noch bei den abhängigen Formen die Suffixe „-in“ und „-innen“ bringt. Man achtet dabei sogar auch darauf, dass „Ladys First!“ gilt.

Hier zwei Beispiele von der Website des GI:

1) Viel mehr als Bäm! Zack! Poing!

Von minimalistischen Skizzen zu detailreichen Bildern, von autobiografischen Geschichten bis hin zu historischen Erzählungen: Die Szene der deutschen Comiczeichnerinnen und -zeichner ist vielfältig. Wir stellen Künstler vor – und erzählen, was sie bewegt.

Während europäische Großstädte wie Berlin oder Paris immer weiter wachsen, gibt es Regionen in Europa, die von Perspektivlosigkeit geprägt sind. Doch wie leben Menschen in diesen aus dem Blickfeld geratenen Gegenden? Vier Fotografinnen und Fotografen haben sich auf Einladung des Goethe-Instituts auf die Reise nach Albanien, Deutschland, Italien und Belarus begeben, um verschiedene Lebenswelten und Familiengeschichten zu beleuchten.

2) Es gibt ein Europa fern der urbanen Zentren, das wir nur selten in den Blick nehmen und dessen Bewohnerinnen und Bewohner zunehmend ungesehen bleiben. Für das Projekt „Im Schatten – Familien in Europa“ sind vier Fotografinnen und Fotografen aus Albanien, Belarus, Deutschland und Italien sowohl in das eigene als auch in eines der anderen Länder gereist, begleitet von ortskundigen Journalistinnen und Journalisten. Die entstandenen Arbeiten mündeten in die Ausstellung „Unseen / Ungesehen. Blicke auf Europa. Vier Fotografen auf Reisen“, die gestern im Mailänder Zentrum für internationale Fotokunst MiCamera eröffnet wurde.

Vielleicht sollte jemand dem GI mal klarmachen, was Steinfeld über die Verstärkung der Maskulinität des weiblichen Anhangs „-in“ und „-innen“ sagt, wenn er der männlichen Form einfach angehängt wird. Ethymologisch entwickelte sich übrigens in der deutschen Sprache das „-er“ als Charakterisierung desjenigen, der etwas macht, also, der Macher, der Bäcker, der Schaffner, der Bäcker usw. Im Grunde ist das das nicht markierte Geschlecht. Es war immer unbestritten, dass beim Plural nicht auch Frauen dabei sein konnten. Nur konnten bei „Lehrerinnen“ etc. niemals Männer dabei sein. Wenn es gilt, ein sog. „Binnen I“ sprachlich wiederzugeben, hörte es sich also an, als seien nur Frauen gemeint, obwohl auch Männer mit dabei sind… Dazu muss man noch sagen, dass der Plural dieser Substantive auf „-er“ mit dem bestimmten Artikel „die“, also einer Femininform, gebildet wird.

Auf Sternchen, Unterstriche, Ausrufezeichen und also auch das sog. „Binnen-I“ und Ähnliches möchte ich hier gar nicht weiter eingehen. Reiner Blödsinn! Und wie sollen das Ausländer verstehen, die Deutsch lernen wollen?!

Klaus Billand
 
Noch weitere Publikationen dazu, die ich bei meiner Recherche fand:
 
Dieser ist wohl der beste Essay dazu:
 
 
Und dann Wikimannia:
 
 
Feministische Sprachkritik

In den 1970er Jahren begannen feministische Quotenfrauen, die ihre Existenz irgendwie beweisen mussten und ihre Aufgabe darin sehen, Frauen immer und überall als Opfer zu inszenieren, damit, das Generische Maskulinum zu kritisieren und zu behaupten, darin sei eine Benachteiligung der Frauen gegeben. Diese Behauptung ist in keiner Weise stichhaltig:

  1. Keine Frau hat je im Generischen Maskulinum eine Benachteiligung gesehen. Dieses künstliche Problem besteht nur im Elfenbeinturm feministischer Pseudowissenschaften.
  2. Es gibt in der deutschen Sprache auch ein Generisches Femininum, ohne dass dieses die feministischen Sprachkritiker gestört hätte. Auch das macht ihr Vorbringen und ihre Motive unglaubwürdig.
  3. Frauen werden nicht durch grammatisch maskuline Bezeichnungen entweiblicht, wie auch Männer nicht entmännlicht werden, wenn man sie beispielsweise eine Person nennt.
  4. Der vorgebrachte Einwand, Frauen wären nur mitgemeint[2], ist nicht stichhaltig, weil im Generischen Maskulinum auch Männer nur mitgemeint sind.
  5. Weibliche Formen wie beispielsweise Professorinnen sind letztlich auch nur Generika, in der die einzelne Frau auch nur mitgemeint ist.

Insgesamt hat die feministische Sprachkritik wenig Substanz, so wie diese auch bei der Lohndiskriminierungslüge, wo die wortreich immer wiederholte Behauptung den konkreten Beleg ersetzen muss, die gesamte Frauenforschung und Gender-Wissenschaft ingesamt sehr substanzlos sind und in denen, wie in einem Theater, immer die gleichen zwei Stücke zur Aufführung kommen: „Die Frau ist das Opfer“ und „Der Mann ist der Täter„.

Das generische Maskulinum wird laut dem Duden[wp] traditionell dann gewählt, „wenn das natürliche Geschlecht unwichtig ist oder männliche und weibliche Personen gleichermaßen gemeint sind. Das Maskulinum ist hier neutralisierend bzw. verallgemeinernd (‚generisch‘).“[3] Da das Maskulinum neben seiner generischen Funktion auch spezifisch (also ausschließlich für Männer) verwendet werden kann, hängt es ohne explizite Hinweise von der jeweiligen gesellschaftlichen Situation und vom Einzelnen ab, ob das andere Geschlecht eingeschlossen wird.

Beispiele für die verschiedenen Varianten des Generischen Maskulinums im Deutschen
Variante 1 – Inklusion
Frauen sind mitgemeint.
Variante 1a – Pluralinklusion
Die Rede ist von Gruppen, zu denen (vermutlich) auch weibliche Personen gehören.
Die Wanderer gingen den Berg hinauf.
Variante 1b – Singularinklusion
Die Rede ist nicht von einem bestimmten realen Mann, sondern von einer imaginierten Person als Träger einer Rolle oder von Eigenschaften und ohne Hinweis auf deren Geschlecht; es liegt ein generalisierender Singular[wp] vor.
Ein Feuerwehrmann hat keine Angst vor dem Feuer. – Geistig sind Frauen im Begriff der Feuerwehrleute dann eingeschlossen, wenn man einen weiblichen Feuerwehrmann für möglich hält.
Der Deutsche gilt als fleißig.
Variante 2 – Exklusion
Eindeutig (ausschließlich) weibliche Personen werden mit grammatisch maskulinen Bezeichnungen bezeichnet.
Variante 2a – Singularexklusion
Die Rede ist von einer einzelnen weiblichen Person.
Sie ist unser bester Ingenieur.
Variante 2b – Pluralexklusion
Die Rede ist von mehreren weiblichen Personen; Zusatz­information bei Benutzung des generischen Maskulinums: Es treten auch keine männlichen Sänger mehr auf.
Die letzten Sänger, die auftraten, waren Lisa und Anna.
Variante 2c
feststehende Redewendung, die – anders als Variante 2a – nicht moviert werden kann, wenn sie auf eine Frau oder auf Frauen bezogen wird.
Die Bundeskanzlerin wurde der Lage Herr.

Gelegentlich werden auf Menschen auch generische Feminina (die Person, die Fachkraft, die Geisel, die Waise) und generische Neutra (das Opfer, das Kind, das Mitglied, das Lebewesen) angewandt. Zur Kategorie der generischen Neutra gehören alle Verkleinerungs­formen, sofern sie als solche erkannt und empfunden werden (das Männchen, das Schneiderlein, das Hänschen, das Lieschen).

Es kommt in der deutschen Sprache und in den meisten Sprachen, die über mindestens zwei Genera verfügen, relativ häufig vor, dass das Genus[wp] (das grammatikalische Geschlecht) einer Personen­bezeichnung vom Sexus[wp] (dem biologischen Geschlecht) der bezeichneten Person abweicht. Bei Menschen wird im Deutschen das generische Maskulinum häufiger als das generische Femininum und das generische Neutrum benutzt (z. B. bei so gut wie allen Berufs­bezeichnungen und Nomina agentis[wp]).

Auch für die Bezeichnung von Tieren gibt es in der deutschen Sprache neben generischen Maskulina (der Hund, der Löwe) sowohl generische Feminina (die Gans, die Katze) als auch generische Neutra (das Pferd, das Nashorn).

Die Bezeichnung generisches Maskulinum ist nicht auf Gegenstände (der Tisch) und Abstrakta (der Ruhm) anwendbar, weil es in diesen Fällen keinen Konflikt zwischen dem Genus des Wortes (des sprachlichen Zeichens) und dem Sexus des Bezeichneten geben kann.

Das Strafgesetzbuch und andere Gesetzestexte verwenden das generische Maskulinum. Ministerinnen gelten im Sinne des Gesetzes als Minister und Mörderinnen als Mörder.[4]

Und hier der ultimative Aufsatz dazu:
 

DIE GESCHICHTE DES „FLIEGENDEN HOLLÄNDER“ IN LEIPZIG. Erinnerungen anlässlich der durchaus gelungenen Neuproduktion mit Premiere am 30.3.2019

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DIE GESCHICHTE DES „FLIEGENDEN HOLLÄNDER“ IN LEIPZIG. Erinnerungen anlässlich der durchaus gelungenen Neuproduktion mit Premiere am 30.3.2019

Bildergebnis für der fliegende holländer
Foto: Wikipedia

Liebe Merker-Redaktion,  zunächst hat es mich als altem Leipziger natürlich gefreut, dass nun endlich der HOLLÄNDER in Leipzig wieder Einzug ins Opernhaus halten konnte und ich freue mich auch über die sehr ausführliche und freundliche Kritik von Herrn Dr. Waltenberger.   Gut für Leipzig, auch gut für Wagner.-

In einem Punkt freilich ist Herr Dr.. Waltenberger einem Irrtum zum Oper gefallen. Die Vorgänger-Inszenierung wurde eben leider nicht nach der Premiere abgesetzt (was richtiger gewesen wäre!), nur die 2. Vorstellung fand nicht statt, weil der Sänger der Titelpartie aus der Produktion ausstieg. Ab der 3. Vorstellung wurde wieder – in „abgeschwächter“ Form, gespielt – und das war ein Skandal. Ich habe damals meinem Ärger Luft gemacht und 9 Seiten über den HOLLÄNDER in Leipzig geschrieben, die natürlich nicht veröffentlicht wurden – von wem auch ? Beim MERKER war ich damals leider noch nicht.- Aber Herrn Dr. Waltenberger und Ihnen zur Kenntnis, übersende ich mein damaliges (also unveröffentlichtes) Manuskript – zum Schmunzeln!

Freundliche Grüsse
Werner P. Seiferth 

 

Werner P. Seiferth / 02.01.2009

„… ein saures Amt, und heut’ zumal – wohl gibt’s mit der Kreide manche Qual…“

Von der Schwierigkeit, einen Vorstellungsbericht über die aktuelle Inszenierung des „Fliegenden Holländers“ in Leipzig zu schreiben…

Die Ausgangslage:

Die Oper der Geburtsstadt Richard Wagners legte in der Spielzeit 2008/09 erstmals ein „Wagner-Abo“ auf – ein guter, wichtiger Schritt. Schon aus Solidarität mit der Oper, aus Anhänglichkeit an die Stadt und aus Liebe zu Richard Wagner und seinen Werken habe ich dieses Abo sofort gebucht. Im Rahmen dessen stand auch eine „Holländer“-Aufführung am 10.12.2008 auf dem Programm, kein Grund also, zur Premiere dieser Inszenierung etwa acht Wochen früher – am 11.10.2008 – extra nach Leipzig zu fahren. So spektakulär wird der „Holländer“ kaum werden in einer Stadt, die ja gerade in Fragen Wagner-Interpretation eine bestimmte Vorgeschichte hat. Dachte man.

Die Vorgeschichte:

Richard Wagner stammt wohl aus Leipzig, indessen wurden seine Werke nicht immer mit Liebe und Vielfalt in Leipzig gepflegt. Die Leipziger Erstaufführung des „Fliegenden Holländers“ zum Beispiel fand erst am 27.09.1862 statt – fast zwanzig Jahre nach dessen Uraufführung im benachbarten Dresden. Bis zu Wagners Tod im Jahre 1883 brachte es der „Holländer“ in Leipzig gerade mal auf 68 Vorstellungen, stand mit diesem Ergebnis weit abgeschlagen nach „Tannhäuser“ (145) und „Lohengrin“ (116) an dritter Stelle des Wagnerschen Werkkanons.

Nach dem zweiten Weltkrieg gehörte das Werk ebenfalls nicht zu den Vorreitern der WagnerPflege in Leipzig: im Behelfshaus „Dreilinden“ wurde zuerst ein „Tristan“ inszeniert, der „Holländer“ konnte nur an zweiter Stelle am 01.07.1948 wieder im Spielplan erscheinen – in einer „werkgerechten“ Inszenierung von Heinz Rückert, die immerhin in kaum wechselnder Besetzung 51 Vorstellungen erlebte, Glanzzeit des einstmals berühmten Leipziger Opernensembles: Willi Schwenkreis als Holländer musste nur ein einziges mal durch einen „Gast“ ersetzt werden (Manfred Huebner aus Dresden). Ferdinand Bürgmann sang in allen Vorstellungen den Erik, Edla Moskalenko als Mary wurde zweimal, Paul Reinecke als Steuermann achtmal durch Alternativbesetzungen vertreten; Hedwig Müller (später in Berlin: Müller-Bütow) alternierte mit Margarete Bäumer als Senta, die letzten beiden Vorstellungen sang dann schon Elisabeth Rose; lediglich der Daland ging anfangs von Gast zu Gast – da im Ensemble ein seriöser Bass fehlte: nach sieben verschiedenen Gästen kam Weihnachten 1948 erstmals Hans Krämer mit dieser Partie zum Einsatz, die er künftighin in den folgenden 32 Vorstellungen sang. Helmut Leo hatte die musikalische Leitung, ab und zu dirigierte auch der GMD Paul Schmitz und 1951 „übernahm“ der neu berufene GMD Helmut Seydelmann die Leitung der letzten beiden Aufführungen, am 14.09.1951 fand die letzte Vorstellung in dieser Inszenierung statt. So einfach war das einmal. Keine Skandale, keine Ausfälle, keine Proteste. (Aber doch eine „Story“: dieser „Holländer“ musste weichen, weil am 02.09.1951 das neue Leitungsteam Helmut Seydelmann und Operndirektor Heinrich Voigt fulminant mit einer Neuinszenierung des „Otello“ begonnen hatte; Handicap auf der kleinen „Dreilinden“-Bühne – der Hafen war der Hafen, sowohl im „Holländer“ als auch im „Otello“. Das hatte bei dem Stück zwar gute Tradition, denn in der Dresdner Uraufführung wurde ja auch das „Haus aus Wilhelm Tell“ benutzt, in Leipzig aber wurde die Sache contra Wagner „bereinigt“…!)

„Bereinigt“ für nicht einmal sieben Jahre, denn schon am 20.06.1956 durfte der „Holländer“ in „Dreilinden“ erneut an Land gehen: Friedrich Ammermann inszenierte das Werk neu, nun schon Erfahrungen des Neuen Bayreuth verarbeitend, will sagen: im zweiten Akt gab es das alles beherrschende „Bild“ des Holländers nicht mehr über der Tür – aus dem rechten Turm strahlte ein greller Scheinwerfer: das „bedeutete“ das Bildnis des Holländers. Diese Methode hatte sogar Vorteile: sowohl Senta in ihrer Ballade, mehr aber noch Erik und Senta in ihrer Szene konnten nach vorn singen und dennoch das „Bild“ voll im Blick haben; ich erinnere, dass namentlich bei der Stelle „Fühlst du den Schmerz…“, wo Senta den Erik vor das Bild führen konnte, dies eine sehr nachhaltige Wirkung erzielte. Ansonsten wurde das Werk so gespielt, wie man es kannte: zwei Schiffe (Projektionen und wenige Versatzstücke, Altmeister Max Elten wusste, was er auf diesem „Nudelbrett“ von Bühne bewerkstelligen konnte!), die Damen saßen an Spinnrädern, Senta durfte durch ihren Opfertod den Holländer erlösen – natürlich wurde die spätere Fassung mit dem Harfenschluss gespielt. Diskussionsstoff bot auch nicht die Inszenierung, die Sache mit dem Bild wurde zur Kenntnis genommen. Wesentlich mehr erregte die Gemüter, dass Leipzig durch einen Heldenbariton-Wechsel über keinen ausreichenden Holländer mehr verfügte, denn Wolf Eckert, der mit dieser Partie seinen Einstand gab und es nach Schwenkreis ohnehin sehr schwer hatte, konnte in dem Fach nicht bestehen, (das zeigte sich für die „Besucher“ schon bei der Premiere, die Opernleitung merkte es erst einige Jahre später, als der Hans Sachs bei der Neueröffnung des Hauses am KarlMarx-Platz mit zwei Gästen und am eigenen Heldenbariton vorbei besetzt werden musste). Alles andere war in besten Händen: Heinz Fricke dirigierte seine erste Wagner-Oper, der zuverlässige Hans Krämer war der alleinige Daland, seine Tochter wurde von den Damen Elisabeth Rose und Christa Maria Ziese alternierend gesungen, den Erik gab wieder Bürgmann, nun mit Ernst Gruber alternierend, Paul Reinecke war weiterhin ein souveräner Steuermann, als Mary alternierte Lilo Vollrath mit Katrin Wölzl – 42 mal wurde die Inszenierung gespielt, fast bis zum Ende der „Dreilinden“-Ära.

Auch bis zur nächsten Inszenierung vergingen keine sieben Jahre: am 14.10.1962 brachte Joachim Herz im neuen Opernhaus eine Neuinszenierung heraus, der nun wirklich keiner nachsagen konnte, sie sei „vom Blatt“ gespielt gewesen. Herz hatte das Werk genau analysiert und die beiden grundlegenden Charaktere der Musik und des Werkes zum bestimmenden Moment seiner Inszenierung gemacht, das er „das Romantische und die Wirklichkeit“ nannte: in die reale Welt des Daland, die in der Entstehungszeit des Werkes, also zu Beginn des 19. Jahrhunderts, angesiedelt war und deren Musik in der Tradition der deutschen Oper steht (Weber, Marschner) bricht eine „neue, fremde“ Welt ein – die des Holländers, zeitlich gesehen im Zeitalter der spanischen Seemacht etwa, mit der neuen, die Grenzen der herkömmlichen Oper sprengenden Musik. Das war als Ganzes und in der Unbedingtheit der Wiedergabe schon ein „großer Wurf“ – wenn auch über Details gestritten wurde. Diskussionen sollte es ja geben, sie sind für die Lebendigkeit der Kunst notwendig. Es ging nicht mehr darum, routiniert und mit allen technisch zu Gebote stehenden Mitteln eine „Holländer“-Inszenierung zu gestalten, es ging darum, Diskussionen anzuregen, das Werk in eine konkrete Zeit mit ihren gesellschaftlichen Bedingtheiten zu stellen und aus ihnen heraus zu erklären, wie es gemeint sein könnte. Herz hat nie von „Werktreue“, immer von „Werkgerechtigkeit“ gesprochen; er hat das Werk „anders“ auf die Szene gebracht, als das Stammpublikum es gewöhnt war, aber er hat mit seiner Spiel- und Erzählweise überzeugt und die Skeptiker letztlich auf seine Seite gebracht. Und er hat das Werk bis in die kleinste instrumentale Verästelung, bis zum scheinbar unwichtigsten Nebensatz „beherrscht“. Ihm war die Story nie egal, seine „Einfälle“ dienten seiner Interpretation des Wagnerschen Werkes.
Wagner wurde wörtlich genommen, zumindest was Musik und Text betraf. Es gab keine Ungereimtheiten, auch wenn die Anlage des Daland als habgierigen, den „Verkauf“ der Tochter billigend in Kauf nehmenden Schacherers zunächst schockierte, auch wenn man sich fragen mochte, wieso ein Schiff, das einen Dampfmotor hat (von „Hilfs“-motor war im Programmheft die Rede!) nicht mit letzter Kraft doch noch in den Heimathafen kommen müsste. Die Damen der Gesellschaft waren auch nicht einseitig auf das Spinnrad konzentriert, einige strickten und stickten – aber es waren wenigstens noch Spinnräder vorhanden und die Frage der Mary, weshalb Senta nicht mitspinnen würde, ging nicht ins Leere. Am heißesten wurde die Schlußlösung diskutiert: Senta sprang nicht ins Wasser, sie starb den „Herztod“ am Lande, weil sie ohne den Holländer nicht mehr leben konnte. Das war umstritten, sicher. Es war aber ebenso auch möglich – man konnte auch argumentieren, dass ein Mädchen im Konflikt des Schlusses an Herzversagen stirbt. Das war nicht von Wagner, das hat Diskussionen ausgelöst – zu Tumulten oder Publikumsverweigerung hat es nicht geführt. Musikalisch wurde die (in Leipzig erstmals pausenlose!) Aufführung von Rolf Reuter geleitet, später auch von Paul Schmitz und Vaclav Neumann. Die Sängerbesetzungen waren teilweise sehr unterschiedlich, der neuralgische Punkt war auch hier wieder die Titelpartie, in der Premiere mit Wilhelm Klemm besetzt, einem sehr vielseitigen Sänger, der ursprünglich in Leipzig der Nachfolger des Bassbuffos Georg Hruschka werden sollte (und mit einem grandiosen Beckmesser auch wurde), dessen Domäne aber mehr das Charakterfach gewesen sein mochte. Durch den Ausfall von Eckert war er in der Heldenbariton-Nische gelandet, die nicht unbedingt seinem Leistungsvermögen entsprach; erst später übernahm Rainer Lüdeke die Partie, der dann für Jahre das Heldenbariton-Fach in Leipzig zuverlässig erfüllte. Senta war anfangs Hanne-Lore Kuhse, eine Wagner-Sängerin von großem Format, gesanglich keine Wünsche offen lassend, mit ihr alternierte wieder Christa-Maria Ziese. Später sang Ursula Brömme die Partie, sie erfüllte die Herz’schen Anforderungen im Schauspielerischen voll und ganz, stieß allerdings gesanglich spürbar an ihre Grenzen. Erik war mit Lothar Anders und Rolf Apreck, Daland wieder mit Hans Krämer, alternierend mit Alfred Wroblewski, besetzt. Die Tenöre Walter Schmidt, Werner Atzrodt und Christo Todorow sangen den Steuermann und Katrin Wölzl war einmal mehr eine zuverlässige Mary, nun mit Eva Fleischer alternierend. Die Inszenierung lief über elf Jahre und erreichte 81 Aufführungen – eine Erfolgsgeschichte.

Als der „Fliegende Holländer“ am 09.02.1986 abermals in Leipzig zur Premiere kam, hatten sich die Zeiten gründlich geändert: Herz war schon einige Jahre nicht mehr hier, die Frage des Generalmusikdirektors im „Umbruch“ begriffen (Gert Bahner wurde zum Berater des Generalintendanten „weggelobt“, Johannes Winkler aus Schwerin wurde neu verpflichtet), das Sänger-Ensemble von einst nicht mehr vorhanden und – möglicherweise die empfindlichste Entwicklung – das Publikum nicht mehr in ausreichendem Maße an der Oper interessiert. Die DDR eilte ihrem Ende zu, man wusste nicht so recht, wie es weitergehen sollte. Nach Herz in Leipzig Wagner zu inszenieren war ohnehin sehr schwierig und Günter Lohse versuchte es erst gar nicht mit wieder einer „neuen Sicht“: er bediente das Stück ohne die Erkenntnisse zu ignorieren, die durch Herz erworben worden waren. Dass seine Inszenierung nahezu konventionell anmutete, lag wohl mehr an der Tatsache, dass er die große Bühne des Opernhauses nicht voll nutzte, das Stück mehr bei Ibsen bzw. Thomas Mann sah (in zeitlicher Frage); der Charakter des Werkes gab ihm dazu noch Recht – eigentlich ist es ja ein Kammerspiel, das zwischen zwei, peripher auch drei oder vier Leuten sich abspielt. Handwerklich war das alles sauber gearbeitet, eine solide Aufführung, die ihr Publikum erreichte, auch wenn es das Haus nicht mehr stürmte. In der Endzeit der DDR gab es wohl andere Interessen, als in die Oper zu gehen, nach der Wiedervereinigung (die Inszenierung lief in beiden Zeiträumen) trieb es die so lange „Eingeschlossenen“ zu neuen Ufern, auch die lagen nicht auf der Bühne der Opernhäuser, jedenfalls nicht der „östlichen“. Man sollte diesen
Umstand der gewissenhaften Aufführung nicht anlasten, sie hat sich viele Jahre bewährt und erreichte – mit teilweise längeren Unterbrechungen – insgesamt 75 Aufführungen bis zum Ende des Jahrtausends. Mit Rainer Lüdeke als Holländer und Konrad Rupf als Daland hatte sie zwei herausragende Protagonisten des Leipziger Ensembles an Bord, in den beiden Tenorpartien wurde damals hoffnungsvoller Nachwuchs eingesetzt (Dieter Schwartner als Erik, Horst Gebhardt als Steuermann und auch als Erik, Hans-Dirk Mundt in beiden Partien). Die Senta war von Anfang an mit Gästen besetzt (Eva-Maria Bundschuh und Waltraud Vogel), da Leipzig keine eigene Sängerin im hochdramatischen Sopranfach mehr besaß. Insbesondere nach der Wende kamen weitere Gäste in verschiedenen Partien hinzu…

Fassen wir die ausführliche „Vorgeschichte“ zusammen: nach dem zweiten Weltkrieg gab es in Leipzig vier Inszenierungen der Oper, die das Stück nicht nur erkennen ließen, sondern es mit Ernsthaftigkeit, Phantasie und jeweils neu durchdacht im Sinne seines Schöpfers auf die Bühne brachten und dem Publikum damit in höchstem Maße dienten. Das Publikum lohnte es mit 51 + 42 + 81 + 75 = 249 Aufführungen. Generationen von Menschen haben in Leipzig das Stück erleben können und sind ihm oft begeistert gefolgt. Der „Holländer“ war im Spielplan das, was man „eine sichere Bank“ nennt: man konnte ihn ansetzen, wann immer man wollte, er erreichte sein Publikum und verfehlte nie seine Wirkung.

Die Rechtslage:

Im urheberrechtlichen Sinne ist das Werk seit 1913 „frei“, d. h., man darf es, ohne Tantiemen zahlen zu müssen, jederzeit spielen. Der Autor ist lange tot – man muss, man kann keinen mehr fragen, wie es gemacht werden darf. Generationen von Intendanten, Regisseuren, Dirigenten, Bühnenbildnern und Sängern wussten, was von ihnen gefordert war und haben – ohne einer hohlen Tradition geistlos zu verfallen (was es mancherorts in Einzelfällen durchaus auch gab) – ihr Bestes getan, um dem Werk zu dienen. Intendanten haben (falls sie nicht selbst inszenierten) in der Regel darüber gewacht, dass der Geist der Werke auf ihren Bühnen zu Leben erweckt wurde. (In der Regel kannten sie damals nicht nur die Werke und ihre Noten, sondern auch das, was Wagner selbst über die Aufführung des „Holländers“ geschrieben hatte…)

Man muss keine gesellschaftspolitischen Erwägungen anstellen oder über die Rolle eines Intendanten philosophieren: er, oder vor ihm noch der Operndirektor (falls es einen gibt), oder vor dem noch der Chefregisseur (falls es einen gibt) ist verantwortlich für das, was auf seiner Bühne stattfindet. Das gehört zum Berufsbild des Intendanten, unabhängig vom gesellschaftlichen System, dem das Theater verpflichtet ist. Ein Intendant, der in der Premiere etwas sieht, das ihm in der Generalprobe nicht nur vorenthalten, sondern bösartig unterschlagen wurde, hat sein Haus nicht im Griff. Ein Intendant, der billigend in Kauf nimmt, dass ein Dirigent und der Sänger der Titelpartie „erwägen“ aus der Produktion auszusteigen, und nicht spätestens dann hinterfragt, was da eigentlich stattfindet, erfüllt seine Aufgabe schlecht. Jedenfalls wäre ein solcher Vorgang zu Zeiten eines Generalintendanten Karl Kayser und eines Operndirektors Joachim Herz unvorstellbar gewesen – und das hat nichts mit der DDR oder dem Sozialismus und der Partei, sondern nur etwas mit Verantwortung im Theater zu tun.

Nach einer desaströsen Premiere gibt es wenige Möglichkeiten, Dinge zu verändern. Im früheren „System“ der Anrechtsbespielung, des Ensemble- und Repertoiretheaters gab es eine einfache Lösung: man setzte eine solche Inszenierung sofort wieder ab, ohne dem Theater weiterhin zu schaden (übrigens in Leipzig-Dreilinden 1957 geschehen mit der „Margarethe“-Inszenierung von Friedrich Ammermann; das war kein „Politikum“, das war eine Frage der Ästhetik und des Ansehens des Opernhauses. Da gab es keine endlosen Briefe oder Debatten, da wurde gehandelt und nach wenigen Wochen war der Vorgang vergessen – das Repertoire und das Ensemble fingen die Sache ab, will heißen: es wurden andere Stücke angesetzt, man hatte keine Zwänge).

Gegenwärtig haben wir ein anderes System am Theater, das sich angeblich „besser rechnet“ und höhere künstlerische Qualität garantieren soll. Damit liegen Termine für Vorstellungen mindestens für den Verlauf einer Spielzeit fest, sie sind an einzelne Sänger-Engagements gebunden und somit für beide Seiten verbindlich – komme da, was auch wolle. Die heutigen „Macher“ halten dieses System für besser, die alten meckernden Praktiker von früher misstrauen ihm finanziell und theaterpraktisch, auch künstlerisch. Wie dem auch sei: heute muss „Holländer“ stattfinden, wenn „Holländer“ im Plan steht. Sänger spielen keine Rolle, sie sind austauschbar (weshalb man auch sofort einen Ersatz für den „ausgestiegenen“ Titelsänger hatte).

Inszenierungen kann man nicht austauschen, Regie hat sich zum eigenschöpferischen Kunstwerk gemausert, d. h., der Intendant hat – oder bekommt (siehe Dresden „Csardasfürstin“) – kein Recht, in eine Inszenierung einzugreifen. Das kann man kritisieren, es ist aber so. Und ich möchte ausdrücklich hinzufügen, dass man zu keiner Zeit von einem Regisseur erwarten konnte, dass er das Ergebnis seiner Arbeit mit einigen Proben hätte verändern sollen wie denn auch kein „Über“-Regisseur in der Lage ist, eine Inszenierung von fremder Hand mit wenigen Proben „in Ordnung zu bringen“. Das hat nie funktioniert, das kann nicht funktionieren.

Es gibt nur zwei Möglichkeiten, der Sache zu entgehen: erstens – man erfährt vor dem gesamten Arbeitsprozess, was jemand mit welchem Stück vorhat. Das ist eine schwierige Frage, weil ihr immer mit dem Argument begegnet werden kann, dass dies und jenes erst im Laufe der Proben entstehen würde und man jetzt noch nicht verbindlich sagen könne, wie es denn nun wirklich wird. Wenn Regie eigenständige „schöpferische Kunst“ ist – es geht um Oper, nicht um einen Film! – kann dem kaum widersprochen werden. Also fällt Möglichkeit 1 in der Regel weg.

Möglichkeit 2 – man setzt die Inszenierung, wenn man meint, sie nicht vertreten zu können, ersatzlos vom Spielplan ab und regelt alle Verbindlichkeiten – d. h., man bezahlt alle entstandenen und entstehenden Honorare, ohne eine Gegenleistung zu erhalten. Das ist eine riskante Entscheidung, die einem Intendanten auch den Kopf kosten kann. Außerdem könnte es sein, dass man seitens der „Macher“ noch mit einer Unterlassungsklage konfrontiert wird, die – erfolgreicher Verlauf vorausgesetzt – Entschädigungszahlungen bzw. Strafhonorare (wegen künstlerischer bzw. Ruf-Schädigung) in astronomischen Summen erfordern würde.

Dem Intendanten bleibt nichts anderes übrig, als jeden Mist, den er ins Haus bekommt, auch bis zum bitteren Ende selbst zu verkosten. Das ist die gegenwärtige Rechtslage – sie muss dringend verändert werden, denn bei der Oper handelt es sich in der Regel um ein fertiges Kunstwerk, dem man nur nach-schöpferisch zu dienen hat – und zwar alle, die mit ihr etwas zu tun haben, aber eben auch und ganz besonders die Regisseure! Wir reden hier von fertigen Kunstwerken, die z. T. über hundert Jahre ihre Lebensfähigkeit bewiesen haben. Es geht um inszenieren, also „in Szene setzen“, nicht um eine neue Bearbeitung – die steht jedem frei, wenn er urheberrechtlich dazu befugt ist und das schöpferische Vermögen hat, etwas Eigenständiges neu zu schaffen. In diesem Sinne sagt das Grundgesetz, „die Kunst ist frei“ – ein hohes Gut, das es zu schützen gilt, das aber nicht durch Einzelne diskreditiert werden darf. Jedenfalls ist dringend geboten, trotz der „Freiheit der Kunst“, die Rechte eines Richard Wagner, eines Mozart, Verdi oder Beethoven zu schützen. Sie sind derzeiten auf unseren Bühnen Freiwild und – wie das Wort schon sagt – zum Abschuss freigegeben!

Halbe Lösungen oder Kompromisse schaden der Kunst immer. Der Glaube, man hätte eine Inszenierung „gerettet“, weil man Dinge, die einem – auf welchen Wegen auch immer! – vorenthalten wurden, später wieder beseitigt hat, ist ein Irrglaube. Die Inszenierung ist auch ohne diese „Gewalt-Videos“ eine Verfälschung des Wagnerschen Werkes von A bis Z und eine Verarschung des Publikums obendrein. Was immer der Intendant gewusst oder nicht gewusst haben mag – er hat sein Haus, das Metier und die Erwartungshaltung seines Publikums – für das das ganze Spektakel doch eigentlich stattfindet – nicht im Griff. Ein solcher Intendant müsste eigentlich die Verantwortung für den Schaden übernehmen und sein Amt zur Verfügung stellen. Zumindest ließe das die Rechtslage zu.

Die Inszenierung:

Man betritt das Opernhaus und steht einer offenen Bühne gegenüber, die mit dem Werk, das man erwartet, nichts zu tun hat: ein Sammelsurium von Spielzeughäusern, eine Art Stadtautobahn, oben rechts ein Monitor in Großformat, der später ständig irgend welche Fernsehbilder verschwommen, scharf, verschlüsselt – je nachdem – von sich gibt. Was es soll, habe ich den ganzen Abend über nicht begriffen, ich bin es auch leid, immer mit Dingen konfrontiert zu werden, die mich von der Musik ablenken. Also habe ich diesen „Bildschirm“ im Verlaufe des Abends nicht ernsthaft und ununterbrochen betrachtet.

Das Gewandhausorchester spielt anfangs unter Leopold Hager eine sehr schöne, vorwiegend auch auf klangliche Balance ausgerichtete Ouvertüre in gemäßigtem Tempo und mit Harfenschluss – man kann sich nicht vorstellen, dass der Abend so falsch werden kann (wenn man mal vom „Bühnenbild“ absieht!). Doch noch ehe man den freudigen Gedanken zu Ende gedacht hat, greift die Regie unerbittlich ein: der von der Seite her die Vorbühne bevölkernde Herrenchor in moderner Straßenkleidung (Hemd und Hose) zerlatscht den Harfenschluss, als wolle er zum Ausdruck bringen, dass diese Sch—musik nicht dazu gehört. Frontal zum Zuschauer singen sie ihren „Ho-ho“-Chor, wichtigste Handlung dabei ist, dass sie sich ihrer Oberhemden entledigen und dann alle mit freiem Oberkörper herumstehen, die Hemden werden missmutig auf den Bühnenboden geworfen, wo sie vorerst liegen bleiben.

Der Oberboss, dessen Habitus einem Zuhälter alle Ehre machen würde, gibt dem anderen Herrn, der da noch herumsteht, die Anweisung, irgend eine Wache zu übernehmen – man versteht nicht, was das soll; jedenfalls verschwindet der Chef und der um die Wache Gebetene richtet sich auf dem Dach eines der Spielzeug-Hochhäuser gemütlich ein. Nun folgt das, was gemeinhin als „Lied des Steuermannes“ eigentlich jedes Kind kennt. Nur handelt es sich hier um keinen Steuermann, der irgend eine Schiffswache hält, sondern ein junger Herr singt ein Lied über einen Männerwitz, der nicht mal einer ist: Wagner hat ja über alle möglichen Dinge geschrieben und erklärt – es findet sich nirgendwo eine Erklärung dafür, dass in der (von modernen Regisseuren und Dramaturgen) arg strapazierten so genannten „Urfassung“ ein offensichtlicher Schreibfehler steht. Statt des bekannten „Ach lieber Südwind, blas noch mehr“ steht da tatsächlich – „ach liebes Mädel blas noch mehr“. Natürlich kann man mit solch eminenter philologischer Rarität eine Theorie begründen und eine Konzeption daraus machen; ich bleibe dabei – es ist nicht mal ein Männerwitz, sondern höchstens ein Schreibfehler. Wie dem auch sei, die „Erkenntnisse“, die auf diese Weise gewonnen wurden, animierten die Regie dazu, ein Mädel auftreten zu lassen in Gestalt einer „Tänzerin“ (Programmzettel!), die den Singenden umgarnt, alle Hüllen der Reihe nach fallen lässt – jeweils natürlich gegen
Entgelt, versteht sich. Dem Herrn entwächst derweilen ein Riesenpenis in Gestalt einer gewaltigen Salatgurke aus dem Hosenstall! Das Steuermannslied als Porno-Nummer – spätestens hier hätte es doch in der Intendanz klingeln müssen!

Dann kommt der „Holländer“ – das heißt, es kommt gar nichts. Ein müder Mann schleppt sich mit einem Mikrofonständer auf die Bühne (oder sollte es ein Kreuz sein, ich weiß es nicht). Er singt seinen Monolog, indem er von einem Hochhaus zum anderen geht, auch über die Hochhäuser klettert und man weiß nicht, was man mehr beachten soll – die Kletterkünste oder den Gesang. Wenn der Chef von vorhin wieder kommt (in der Oper ist das der Daland) verhandeln zwei Leute über Geschäfte, die mit einer Tochter zusammenhängen, die der glatzköpfige Daland zu verhökern hat – der Fremde reicht ihm dann gleich das goldene Kalb. Ansonsten singen beide munter die Rampe entlang, von Partnerbeziehung oder dergleichen ungestört. Kostümiertes Konzert mit unpassenden Kostümen und falschem Bühnenbild. Dort, wo der Wagner meinte, dass der Südwind nun wieder blasen müsste, kommen die Chorherren aus den Löchern des Bildes und man denkt, die müssten ja nun ihre Hemden holen. Machen sie aber nicht. Aus dem Off singen sie dann den Chor, den der Wagner überflüssigerweise an dieser Stelle sich noch zu komponieren erdreistete.

Pausenlos geht die Sache weiter – es fällt kein Vorhang, die Hochhäuser sind nun Stehtische für Damen, die aus Handtaschen irgendeine Handarbeit oder dergleichen auspacken und sich irgendwie beschäftigen. Eine unter ihnen meckert immer rum, man versteht gar nicht, was die alle falsch gemacht haben sollen. Dann drängt sich eine nicht mehr ganz junge Frau am Portal entlang, geht in den Zuschauerraum, schreitet durch die Reihen, setzt sich auf die Orchesterbrüstung, steht aber wieder auf und nimmt sich endlich der Hemden an, die da einen Akt lang herumliegen. Tüchtig, wie Hausfrauen nun einmal sind, holt sie aus der Bühnengasse einen Eimer, in den sie die Kleidungsstücke stopft. Es wird aber nicht gewaschen, sie wringt die Sachen nur aus – dabei stellt man fest, dass rote Farbe in dem Eimer gewesen sein muss, jedenfalls beschmiert sich die Dame – die in konventionellen Aufführungen Senta heißt und vor einem Bild herumsitzt! – mit dieser roten Farbe, oder, um im modernen Sprachgebrauch der heutigen Inszenatoren zu bleiben, sie befleckt sich mit Blut. Warum wird nicht verraten, geht offensichtlich auch keinen etwas an.

Ein anderer Mann bringt eine Nachricht, die die Damen etwas hektisch werden lässt, jedenfalls packen sie ihre Handtaschen emsig wieder ein, um verschwinden zu können. Nun will der Nachrichtenüberbringer offensichtlich mit der Hemdenwäscherin reden, die aber hat blutige Hände und ein blutiges Gesicht. Mit anderen Worten – sie muss erst einmal duschen. Die aufmerksame Bühnentechnik schiebt ihr eine Duschkabine auf die Bühne und sie kann tun, was in ihrer Lage sicherlich notwendig ist. (Da gibt es dann Leute, die sich fragten, ob sie mit oder ohne Unterwäsche geduscht hat – angesichts des Entsetzens über das ganze Geschehen ist mir das, mit Verlaub, scheißegal!) Aber dem Nachrichtenüberbringer ist es nicht egal, denn der möchte mit in die Dusche, aber sie lässt ihn nicht hinein. (An dieser Stelle soll in der Premiere „Hosen runter“ gerufen worden sein, offensichtlich haben auch andere Menschen die tiefsinnige Szene falsch verstanden.) Nach dem Duschen gibt es dann die wunderbare Gelegenheit, eine Darstellerin, die immerhin ständig auf der Bühne ist, im Bademantel auftreten zu lassen. Damit wäre die Kostümfrage auch geklärt – man braucht dazu keinen Kostümbildner, das, was man an „Kostümen“ in dem Werk zu sehen bekam, hängt in jedem C&A- bzw. H&M auf der Stange, einfallslos und uniform, wie alles. Nur keine Phantasie vergeuden! Der glatzköpfige Chef singt ein langes Lied, was offensichtlich keinen so richtig interessiert und spielt mit seinem Jackett, das er im 1. Duett mit dem Fremden weit von sich geworfen hatte, und nun wieder findet – welch’ ein Glück.

Nun ist die frisch geduschte Bademantel-Dame mit dem Fremden allein und sie spielen gemeinsam das schon bekannte Spiel: Wie turnt man über Hochhausdächer. Währenddem geht das Duett zu Ende, welches der Wagner schrieb. Und man muss der Regie bescheinigen, dass sie so gekonnt von der Musik ablenkte, dass man nicht gemerkt hat, wie die Protagonisten über die allerorten sehr gefürchtete Kadenz weggekommen sind. Jedenfalls vom Hochhausdach sind sie nicht gefallen. Die Sache kommt zur Kulmination: es wird Sekt getrunken, welche Freude. Auch der Nachrichtenüberbringer trinkt mit Sekt und lädt den Fremdling dazu ein. Schließlich sind sie ja beide nicht bei der Bademantel-Zunzel gelandet, also können sie auch miteinander saufen, das ist wenigstens etwas Reelles. Sie lassen die Dame mit ihrem Kummer allein zurück. Auch andere Leute sind nicht zur Stelle, plötzlich fällt ein Schuss – da es hinter mir sang, drehte ich mich um – der Chor stand nun im Rang in den offenen Türen, um sich der wenigen Final-Takte zu entledigen, dadurch konnte ich nicht feststellen, wer nun geschossen hat – vielleicht hat sie sich auch selbst getötet, ist ja auch nicht so schlimm.

Und das war’s dann wohl auch schon. Nun spielt die Musik den Schluss ohne die Harfen und dann ist die Komödie aus. Der Saal bleibt dunkel, damit alle richtig applaudieren sollen. Das haben viele Leute auch gemacht, offensichtlich wollten sie sich bei den mittelprächtigen Sängern bedanken, was ja auch in Ordnung ist.

Ein Einzelner aus dem halb gefüllten Parkett schrie „buh“ – dann gab es normalen MittwochsApplaus, durchwachsen. So konnte man also nach 2 ½ Stunden wenigstens wieder ins Freie und auf die Toilette – was man gesehen hatte, wusste man beim Heimweg schon in der Straßenbahn nicht mehr; nach einem „sprachlosen“ Abend versuchte man an den nächsten Tagen sich zu erinnern, was denn so alles zu der Musik von Wagner gespielt worden ist. Den Sinn habe ich bis heute – einen Monat danach! – nicht begriffen. Und froh war ich, dass ich meine fast 14-jährige Tochter nicht mitgenommen habe ins Opernhaus – sie hätte mir sonst wieder mit Recht vorwerfen müssen, dass ich ihr eine andere Geschichte erzählt hatte, als sie auf der Bühne zu sehen bekam.

Da fällt mir ein, dass es ja in diesem Werk auch eine recht spannende Szene zwischen zwei rivalisierenden Mannschaften gibt – ich gestehe, mich daran nicht erinnern zu können, aber gestrichen war die Szene nicht, denn der Dirigent musste wieder mal gegen ein Tonband oder eine Chorübertragung aus dem Off ankämpfen.

Das Resümee

Nach der Premiere schlugen die Wogen hoch und die zweite Vorstellung wurde abgesagt, weil der Sänger der Titelrolle aus der Produktion ausgestiegen war. Die „Gewalt-Videos“, die dem Intendanten vorenthalten wurden, fielen nun wieder weg. Geblieben ist ein Opernabend, von dem man nicht erkennen kann, in welcher Weise er das Werk, das allgemein bekannt, offensichtlich bis heute beliebt und vielen Menschen vertraut ist, darbieten will. Man konnte über Wieland Wagner streiten, man konnte mit Joachim Herz diskutieren – immer war Wagner und seine Absicht Gegenstand der Auseinandersetzungen. Hier ist das nicht der Fall. Es findet statt ein Abend, der völlig zusammenhanglos irgend welche Personenkonstellationen aneinander reiht, der weder den Text und erst recht nicht die Musik überhaupt nur zur Kenntnis nimmt – und der dirigierende Kapellmeister hat völlig zu Recht in der Presse erklärt, dass dies seine erste Operneinstudierung war, bei der er auf Textverständlichkeit keinen Wert gelegt hat, weil der Text ohnehin nichts mit der Sache zu tun hat.

Ein einzelner Besucher von außerhalb soll Klage erhoben haben bei einem deutschen Gericht, der arme Narr. Er wird kein Recht bekommen. Der Leipziger Wagner-Verband hat gefordert, die Aufführung sofort gänzlich abzusetzen, weil sie dem Ansehen der Wagnerstadt Leipzig schadet. Die Begründung stimmt, auch kann der Verband das fordern; danach richten muss der Intendant sich nicht – so lange er meint, nun wäre die Inszenierung in Ordnung hat er ja ohnehin nicht begriffen, worum es in dem Stück geht und dass die Botschaft des Werkes auf seiner Bühne mit Füßen getreten wird. Leipzig hat, nachdem es sich mit hohen propagandistischem und finanziellem Aufwand erst seines Generalmusikdirektors (jedenfalls in der Oper) und dann des eigentlichen Opernintendanten entledigte, nun gerade wieder eine „Leitung“ installiert: es gibt neben dem verantwortlichen „kommissarischen“ Intendanten eine Operndirektorin und einen Chefregisseur. Leider muss ich den Herrschaften unterstellen, dass sie allesamt nichts von Richard Wagner und seinem „Fliegenden Holländer“ verstehen, denn sonst hätte doch mal einer seine Verantwortung wahrnehmen müssen. (Dem Chefregisseur Konwitschny darf man das allerdings nicht unterstellen, denn der hat mit einer eigenen Inszenierung eben dieses Werkes in München und Moskau bewiesen, dass er es zumindest kennt; man darf ihm denn doch aber wohl Pflichtverletzung unterstellen, denn er hätte helfend eingreifen müssen, jedenfalls von Amts wegen!)

Nach diesem Abend kann ich die Leute verstehen, die in Leipzig (und anderswo) öffentlich darüber nachdenken, ob man Opernhäuser in dieser, unserer Zeit noch subventionieren muss, darf oder sollte. Mögen diejenigen, die das, was da stattfand, für Kunst, Fortschritt oder „künstlerische Freiheit“ halten, ihre Ergüsse auf eigene Kosten produzieren, dann stünde auch die Frage nicht im Raum, ob man dem Regisseur die Gage ganz oder nur zur Hälfte auszahlen sollte. Ein öffentlich subventioniertes Etablissement zur Verballhornung von Meisterwerken der deutschen Kultur braucht man nicht. Es war nicht nur ein vergeudeter, es war ein ekelhafter Abend, scheußlich. In einer gewissen Weise taten mir die Sänger leid, dass sie – vertraglich dazu verdammt – für diesen Unsinn zur Verfügung stehen mussten, weshalb ich zum ersten Male in meiner 50-jährigen „Besucherpraxis“ keine Einschätzungen ihrer Leistungen hier folgen lasse – so viel Fairness wenigstens muss sein.

P.S.: Auf dem Programmzettel steht: Die Produktion wurde begleitet von Studenten der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ Leipzig im Rahmen ihrer Ausbildung in der Fachrichtung Dramaturgie unter der Anleitung von Prof. Dr. Carl Hegemann. Der Bildungsnotstand in Deutschland scheint wohl doch keine Erfindung der Gestrigen zu sein; jedenfalls ist der Weg zur „Bildungsrepublik“ – die unsere Bundeskanzlerin und Opernfreundin Merkel immer beschwört – ganz offensichtlich noch weiter, als des Holländers Irrfahrten in sieben mal sieben Jahren…

„DER FLIEGENDE HOLLÄNDER“ von Richard Wagner Aufführung im Opernhaus Leipzig am Mittwoch, den 10. 12. 2008 Musikalische Leitung: Leopold Hager; Inszenierung: Michael von zur Mühlen; Bühne: Natascha von Steiger; Kostüme: Dorothee Scheiffarth; Chöre: Sören Eckhoff James Moellenhoff (Daland), Mlada Khudoley (Senta), Stefan Vinke (Erik), Susan Maclean (Mary), Dan Karlström (Steuermann), Wolfgang Brendel (Holländer), [Peggy Plätzer (Tänzerin)

Spielplan der Wiener Staatsoper für die Saison 2019/2020

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SPIELPLAN DER WIENER STAATSOPER FÜR DIE SAISON 2019/2020

September 2019: Tag der offenen Tür (1.), LA TRAVIATA: Bisanti; Lungu; Castronovo, Hampson (4./7./10., LES CONTES D’HOFFMANN (Chaslin; Peretyatko, Arquez, Kang, Pisaroni, Laurenz (5./8./11./15.), DON CARLO: Darlington; Harteros, Zhidkova; Pape, Sartori, Keenlyside, Ulyanov (6./9./12.), SYLVIA (Ballett – 13./14./18.20.), SOLISTENKONZERT ELISABETH KULMAN La femmec’est moi (17.), IL TROVATORE: Veronesi; Bradley, Bohinec; Frontali, Sartori, Park (19./22./25.), L’ELISIR D’AMORE: Darlington; Nafornita; Petrov, Hasselhorn, Rumetz (21./24.), FORSYTHE/ VAN MANEN/ KYLIAN (26./28./30.), SALOME: Davies; Stundyte, Watson; Schneider, Held (27.), KAMMERMUSIK PHILHARMONIKER (28.vm), LA BOHÈME: Langree; Garifullina, Nafornita; Xiahou, Eröd (29.)

Oktober 2019: SALOME: Davies; Stundyte, Watson; Schneider, Held (1./4.), A MIDSUMMER NIGHT’S DREAM von Benjamin Britten: Young; Brook; Bezsmertna, Morley, Vörös, Frenkel, Zazzo, Touvat, Kellner, Lovell, Rose, Hulett, Fingerlos (2. Pr./5./9./13./17./21.),LA BOHÈME: Langree; Garifullina, Nafornita; Xiahou, Eröd (3./7.), ARIADNE AUF NAXOS: Schneider; Lindsey, Pieczonka, Fahima; Matic, Schmeckenbecher, Gould (6./8./11.), DIE FRAU OHNE SCHATTEN: Thielemann; Nylund, Stemme; Schager, Konieczny (10./14./18.), KAMMERMUSIK PHILHARMONIKER (12.vm. MADAMA BUTTERFLY: Darlington; Opolais, Magri, Rumetz (12./16.), CINDERELLA (Wiener Fassung für Kinder: Deutscher (19.), IL BARBIERE DI SIVIGLIA: Jenkins; S. Stoyanova; Barbera, Hasselhorn, Rumetz, Coliban (19./24.), WERTHER: Chaslin; Maximova, Fally; Grigolo, Eröd (22./27./31.), SIMON BOCCANEGRA: Carignani; Rebeka; Piazzola, Sartori, Furlanetto (23./26./29.), MACBETH: Bisanti; Serjan, Domingo, Green, Xiahou (25./28.), DON PASQUALE: Tebar; Nafornita; Maestri, Korchak, Yldiz (30.)

November 2019: MACBETH: Bisanti; Serjan, Domingo, Xiahou, Green (1.), JEWELS – Ballet von Balanchine: Connelly (2.Pr./4./5.), DON PASQUALE: Tebar; Nafornita; Maestri, Korchak, Yldiz (3.), DIE WEIDEN:Jenkins; Frenkel, Nazarova, Bohinec, Rohrer, Ellen; Konieczny, Ebenstein, Schneider, Samel, Moisiuc, Bankl (7./9./12.), ARIODANTE: Rousset; Houtzeel, Reiss, Fahima; Cencic, Lovell, Kellner (8./11./13./15.), ENSEMBLEMATINEE im Mahler-Saal: Okerlund; Tona, Green (10.vm), „BLICKWINKEL OPER“ – Konzert und Ausstellungseröffnung: Herbert Lippert; Eduard Kutrowatz (10.), PEER GYNT (Ballett): Hewett (10./16./22./23.), OREST (Trojahn): Boder; Luna, Aikin, Donose; Nigl, Laurenz, Johansson(14./17./20.), SOLISTENKONZERT SIMON KEENLYSIDE (19.), EUGEN ONEGIN: Güttler; Rebeka, Gritskova, Pinkhasovich, Breslik, Furlanetto (21./24./26.), KAMMERMUSIK PHILHARMONIKER 23.), DON GIOVANNI: Fischer; Müller, Lombardi, Tezier, Kellner (25./29.), SOLISTENKONZERT FRANCESCO MELI (27.), TOSCA: Armiliato; Muraeva, Calleja, Terfel (30.)

Dezember 2019: WIENER COMEDIAN HARMONISTS 1.vm), DON GIOVANNI: Fischer; Müller, Tezier, Xiahou, Lombardi,Kellner (1./4.), JEWELS (Ballett- 2./5.7./9.), TOSCA: Armiliato: Muraeva; Calleja, Terfel (3./6.), KAMMERMUSIK PHILHARMONIKER (7.), ORLANDO von Olga Neuwirth: Pintscher; Gruber; Lindsey,Eichenholz, Schneider, Duke, Utz, Meier-Dörzenbach, Shaw, Jurenas, Haumann, Melrose, Bond (8.Pr/Uraufführung/ 11./14./18./20.),DIE ZAUBERFLÖTE: Conlon; Carroll, Park, Schager, Jovanovic, Fingerlos (10./13./15.). ENSEMBLEMATINEE im Mahlersaal: Melcar; Battistelli, Navarro (15.vm), SOLISTENKONZERT RENE PAPE (16.), LA BOHÈME: Armiliato; Hartig, Battistelli; Pirgu, Caria (19./22./25.), PERSINETTE (Fries): Garcia-Calvo; Bezsmertna; Bohinec, Xiahou, Hangler, Hasselhorn, Coliban (21. Pr Uraufführung/22./25./29.), LE CORSAIRE (Ballett- 21./23./26./19.), HÄNSEL UND GRETEL: Hanus; Houtzeel, PlummerCaroll, Bohinec; Daniel (30.), DIE FLEDERMAUS: Carter; Aikin, GritskovaFally; Eröd, Schweckenbecher, Bruns, Unterreiner, Simonischek (31.)

Jänner 2020: DIE FLEDERMAUS: Carter; Hangler/Aikin, Kushpler, Nazarova/Fally; Lippert/Eröd, Kammerer/Schmeckenbecher, Schneider, Fingerlos/Unterreiner, Simonischek (1./4./6.), HÄNSEL UND GRETEL: Hanus; Houtzeel, Plummer, Carroll. Bohinec; Daniel (2./5.), LE CORSAIRE (Ballett- 3.), IL BARBIERE DI SIVIGLIA: Garcia-Calvo; Erraught; Kolgatin, Bankl, Plachetka, Prk (7./10.),ONEGIN (Ballett- 8./11./13./17.), LOHENGRIN: Gergiev; Beskov, Watson; Beczala, Anger, Silins, Daniel (9./12./16./19.), KAMMERMUSIK PHILHARMONIKER (11./18.), ENSEMBLEMATINEE im Mahlersaal:Hopkins; S. Stoyanova, Mooyake (12.), SOLISTENKONZERT MICHAEL SCHADE (15.), LA CENERENTOLA: Pidó; Gritskova; Siragusa; Yldiz, Corbelli, Tagliavini (18./22./25.), SALOME: Franck; Meier, Lindstrom; Pecoraro, Volle (20./24.), ONEGIN (Ballett- 23./26.), JEWELS (Ballett von Balanchine- 27./29.), OTELLO: Franck; K.Stoyanova; Gould, C. Alvarez (28./31.), RUSALKA: Hanus; Bezsmertna, Bohinec, Zhidkova; Beczala, Park 830.)

Februar 2020: BEETHOVEN-LIEDER I & II (1.vm/2.vm), FIDELIO – Urfassung (LEONORE): Netopil; Niermmeyer; Müller-Elmau, Vanlaere, Jurda, Wilhelm, ; Davis Bruns, Kehrer, Meyer (1.Pr./5./8./11./14.), RUSALKA: Hanus; Zhidkova, Bezsmertna, Bohinec; Beczala (2./4.), OTELLO: Franck; K. Stoyanova; Gould, C. Alvarez (3./7.), ELEKTRA: Bychkov, Meier, Goerke; S. Schneider, Ernst, Volle(6./9./12./15.), TOSCA: Armiliato: Serafin; Antonenko, Lucic (10./13.), PÜNKTCHEN UND ANTON von Eröd (Kinderoper- 16.), L’ELISIR D’AMORE: Pido; Mühlemann; Xiahou, Fingerlos, Maestri (16./23.), MAC MILLAN/ MCGREGOR/ ASHTON (Ballett- 17./22./24.), WIENER OPERNBALL 2020 (20.), DIE ZAUBERFLÖTE FÜR KINDER (21.), MANON: Chaslin; Perez; Borras, Park, Yldiz (25./28.), MADAMA BUTTERFLY: Jenkins; Rim, Sartori, Bermudez (26./29.), TURANDOT:Tebar; Pankratova;Alagna, Schulz (27.)

März 2019: ENSEMBLEMATINEE im Mahlersaal (1.), TURANDOT:Tebar; Pankratova;Alagna, Schulz (1./5./9.), MANON: Chaslin; Perez; Borras, Park, Yldiz (3./7.), LUKACS/ LIDBERG/ DUATO (Ballett): Karoni(4.Pr./6./8./10./11.), TRI SESTRI: Stockhammer; Nafornita, Gritskova, Khayrullova; Jurenas, Hasselhorn, Larsen (12./14./17.), FALSTAFF: Harding; BezsmertnaLemieux, Fahima; Maestri, Keenlyside, Shi (13./16./19.), DAS RHEINGOLD: Fischer; Koch, Bohinec, Beskow, Melrose, Konieczny, Ernst (15.), DIE WALKÜRE: Fischer, S. Schneider, Stemme, Kulman; Schager, Anger, Konieczny (18.), TOSCA: Bisanti; Yoncheva, Jagde, Schrott (20./23./26.), LA CENERENTOLA: Pido; Maximova, Lovell, Yldiz, Girolami, Pertusi (21./25.), SIEGFRIED: Fischer; Stemme; Gould, Konieczny, Pecoraro (22.), L’ELISIR D’AMORE: Hindoyan; Feola, Ayan, Hasselhorn, Spagnoli (24./31.), LE NOZZE DI FIGARO: Scapucci; Bezsmertna, Nafornita, Frenkel, Kirchschlager; Arduini, Plachetka (27./30.), KAMMERMUSIK PHILHARMONIKER (28.vm), GÖTTERDÄMMERUNG: Fischer; Stemmw, Meier; Gould, Halfvarson, Melrose (28.), ENSEMBLEMATINEE im Mahler-Saal: Restier; Nurmukhametova, Osuna (29. vm), SAMSON ET DALILA: Chaslin; Rachvelishvili; Cura, Unterreiner, Coliban (29.)

April 2020: SAMSON ET DALILA: Chaslin; Rachvelishvili; Cura, Unterreiner, Coliban [1./4./7.), CARDILLAC: Boder; Houtzeel, Denoke, Konieczny, Lippert, Bankl, Laurez, Moisiuc (2./5./8.), LE NOZZE DI FIGARO: Scapucci; Bezsmertna, Nafornita, Frenkel, Kirchschlager; Arduini, Plachetka (3./6.), PARSIFAL: Haenchen; Prudenskaya; Goerne, Pape, Skelton, Daniel (9./12./15.), SYLVIA (Ballett- 11./14.), DER ROSENKAVALIER: Altinoglu; Nylund, Koch, Reiss; Woldt (13./16./19.), L’ITALIANA IN ALGERI: Spinosi; Lemieux, Alaimo, Mironov, Rumetz (17./20./23./26.), KAMMERMUSIK PHILHARMONIKER (18.vm), BALLETT-HOMMAGE (Forsythe/Horecna/ Lander) (18./21./29.), FIDELIO: Fischer; S. Schneider; Groissböck, Konieczny, Schager (22./25./28.), MADAMA BUTTERFLY: Scapucci; Guseva; Abete, Unterreiner (24./27.), GUILLAUME TELL: Mariotti; Peretyatko, Nazarova; Maltman, Florez, Plachetka (30.)

Mai 2020: MADAMA BUTTERFLY: Scapucci; Guseva; Abete, Unterreiner (1.), FIDELIO: Fischer; S. Schneider; Konieczny, Schager, Groissböck (2.), GUILLAUME TELL: Mariotti; Peretyatko, Nazarova; Maltman, Florez, Plachetka (3./7./10.), BALLETT-HOMMAGE / Forsythe/Horecna/Lander (4./8./11.), SOLISTENKONZERT BRYN TERFEL (6.), KAMMERMUSIK PHILHARMONIKER (9.vm), DER FREISCHÜTZ: Kober; Nylund; Konieczny, Schager, Kammerer (9./12./15./19.), DON PASQUALE: Baleff; Caroll; Spagnoli, Lovell, Plachetka (13./16.), ENSEMBLEMATINEE im Mahlersaal:Springer; Nakani, Laurenz (17.vm), SYLVIA (Ballett Legris nach Merante- 17./18./20.), DON GIOVANNI: Güttler; Lungu, Alieva; C. Alvarez, Schrott, Korchak (21./25./29.), COSÌ FAN TUTTE: Muti; Kühmeier, Crebassa, Fuchs; Arduini, Romano (22.Pr./24./26./28.), ARABELLA: Meister; Nylund, Karg; Bankl, Konieczny, Schade (23./27./31.), LE NOZZE DI FIGARO: Goetzel; Hartig, Carroll; Hasselhorn, Park, D’Angelo (30.)

Juni 2020: LE NOZZE DI FIGARO: Goetzel; Hartig, Carroll; Hasselhorn, Park, D’Angelo (1./5.), SOLISTENKONZERT ILDAR ABDRAZAKOV/ ROLANDO VILLAZON (3.), LUCIA DI LAMMERMOOR: RAE, Petean, Spyres, Green (4./7./11.), SYLVIA (Ballett von Manuel Legris nach Merante- 6./10.), AIDA: Armiliato; Gubanova, Radvanovsky; Eyvazov, Maestri (9./13./16.), SOLISTENKONZERT ANNA NETREBKO (12.), KAMMERMUSIK PHILHARMONIKER (13.vm), NABUCCO: Garcia-Calvo; Serjan; Domingo, Xiahou, Tagliavini (14./17.), UN BALLO IN MASCHERA: Mariotti; Köpplinger; Stoyanova, Nazarova, Bohinec; Meli, Tezier (15.Pr./18./21./24./29.), IL TROVATORE: Armiliato; Rebeca, Rachvelishvili; Petean, Kunde (19./22./26.),LA TRAVIATA: Domingo; Garifullina; Bernheim, Keenlyside (20./23./27.), NUREJEW-GALA 2020: Rhodes (25.), GALAKONZERT DES JUNGEN ENSEMBLES: Altinoglu/Armiliato/Domingo/Fischer; Bezsmertna, Frenkel, Gritskova, Hartig, Houtzeel, Nafornita, Reiss, Shagimuratova; Arduini, Bruns, Caria, ErnstHasselhorn, Park, Plachetka, Konieczny (28.), FALSTAFF: Mehta; Beszmertna, Reiss, Lemieux; Maestri, Keenlyside, Shi (30.)

03.04.2019
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Tim Theo Tinn kolportiert: Gefälschte Inszenierung: Intendanten, politische Dienstherren, Regisseure, Dramaturgen kriminalisieren sich!

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Tim Theo Tinn kolportiert:
Gefälschte Inszenierung: Intendanten, politische Dienstherren, Regisseure, Dramaturgen kriminalisieren sich! Kriminelle oder Verbrecher?

Grundsätzlich kann eine falsche Inszenierung als rechtswidrig, sogar als Offizialdelikt erkannt werden, dann müsste ein Staatsanwalt aktiv werden, da Rechtspflicht besteht.

Inszenierung bedeutet Auftrag zur Einrichtung und öffentlicher Zurschaustellung von konkret benannten Werken. Wenn szenisch, dramaturgisch vom tatsächlichen Inhalt überhaupt nichts mehr erkennbar ist, entsteht Antagonismus. Dem Auftrag wird nicht entsprochen, es wird nicht inszeniert, sondern dilettiert. Die Bezeichnung Inszenator/ Regisseur verflüchtigt sich oft zum unbedarften Antagonisten, ist somit falsch. Dabei bleibt dahingestellt, ob Beauftragte nicht in der Lage sind, dramaturgisch schlüssig zu arbeiten oder bewusste Verballhornung betreiben

Immer häufiger geraten z. B. Musiktheaterinszenierungen zu eigenständigen mehr oder minder geglückten Dramen, die szenisch nichts mehr mit der Vorlage gemein haben. In normaler Wirtschaft handelt es sich dann um eine Fälschung, um Betrug. Dagegen spricht das Grundrecht der Kunstfreiheit. S. aber auch „Wolfgang Beltracchi“, Fälscher bildender Kunst. Sollte dieses Delikt in darstellender Kunst nicht gelten? Wer behauptet, das Libretto einer Oper zu inszenieren, aber etwas ganz anderes macht, die Vorlage völlig ignoriert, täuscht.

Es werden keine historischen, völlig werktreuen Ausführungen erwartet (s. z.B. werktreu, -fremd, -immanent https://onlinemerker.com/stoffsammlung-fanciulla-zerbrechen-oder-ueberhoehen-werktreu-werkfremd-werkimmanent/). Der Gesetzgeber hat nur Handlungsmacht, wenn ein völlig verändertes Geschehen gezeigt wird.

Dieser schleichende Prozess seit über 30 Jahren hat sich intensiviert. Heute entsprechen viele Inszenierungen nicht mal dem Titel der Vorgabe. Ähnlichkeit hat diese Entwicklung mit vergehendem Gesangsvermögen eines klassischen Sängers, der nötige Stimmpflege/-kontrolle unterlässt, munter drauf los singt, also die Kür erledigt, ohne die fehlende Pflicht stimmtechnischer Übungen über die Jahre seine Qualität verliert.
Intendanten haben die Pflicht zur Kontrolle einer Inszenierungskultur unterlassen und wie es noch zu beweisen gilt, ihren Dienstherren, sich u.a. in Gesetzesferne bugsiert. Inszenierungen sind schleichend immer seichter geworden und zur Unkenntlichkeit mancher Vorlagen mutiert. Dabei werden inszenierende Intendanten nur einmal strafrechtlich, ggf. zweimal zivilrechtlich verfolgt.

Die Kunstfreiheit Art. 5 Abs.3 Grundgesetz BRD findet ihre Einschränkung gem. Bundesverfassungsgericht in der Theorie von der Wechselwirkung. Dies tritt eindeutig bei der Kollision der Kunstfreiheit mit anderen Grundrechten wie z. B. der Eigentumsgarantie (Art. 14 Grundgesetz) auf. (Natürlich: Vor Gericht und auf hoher See…. s. praktische Konkordanz, Güterabwägung, etc.). Bleiben wir bei tatsächlicher formaler Gesetzeslage.
Eigentum entsteht durch Kauf eines Wirtschaftsgutes, hier immateriell als Anspruch auf eine Dienstleistung (Eintrittskarte für eine ganz konkret bezeichnete Aufführung) – juristisch entsteht Leistungspflicht. Es besteht Anspruch auf Erfüllung des Kaufvertrages eines immateriellen Konsumgutes. Wenn nun die Lieferung des gekauften Produktes nicht erfüllt werden kann, bleiben Rechtsansprüche unerfüllt. Damit eröffnen sich Ersatzansprüche, Entschädigungen, Regress etc., ggf. entsteht aber auch Kriminelles, wenn hier mit Werbung, Prospektierung etc. Irreführung/Täuschung vorliegt.

Auch hier gilt das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, bei unwahren Angaben oder Erwecken eines unzutreffenden Eindrucks. Es handelt sich um ein übliches Rechtsverhältnis Anbieter zu Käufer

Somit findet die Kunstfreiheit ihre Grenzen in den Freiheiten und Rechtsansprüchen von Menschen, die im guten Glauben immaterielles Eigentum zur visuell akustischen Teilnahme am darstellenden Kunstwerk erworben haben.

Auch Werbeaussagen im Theater sind kaufrechtliche Beschaffenheitsangaben, abweichende Erfüllungen sind Sachmängel gemäß § 434 BGB, mit Gewährleistungsansprüchen aus dem Kaufvertragsrecht. Deliktisch verhalten sich Dramaturgen für Werbung und Ausführende der szenischen Realisierung durch relevante Aktivität.

Aber auch Intendanten und deren Vorgesetzte können z. B. i. R. von Eventualvorsatz verantwortlich gemacht werden. Das ist ein sogen. bedingter Vorsatz, der auch als Form des strafrechtlichen Tatbestandsvorsatzes möglich ist. Dabei finden sich Täter (hier Intendanten etc.) mit der Verwirklichung einer Rechtswidrigkeit ab, ermöglichen diese ernsthaft.

Auch nach dem Ablauf des Urheberschutzes nach §§ 64, 69 UrhG (70 Jahre nach dem Tod des Urhebers), sind also dramatische Werke nicht unbedingt „zum Abschuss“ freigegeben. Die schützenswerten Inhalte kann z. B. Jeder reklamieren, der einen Rechtsanspruch (Kauf einer Karte) auf eine Vorstellung im immateriellen Eigentum hat.

Tim Theo Tinn 8. April 2019

Profil: 1,5 Jahrzehnte Festengagement Regie, Dramaturgie, Gesang, Schauspiel, auch international. Dann wirtsch./jurist. Tätigkeit, nun freiberuflich: Publizist, Regie, Dramaturgie etc. Kernkompetenz: Eingrenzung feinstofflicher Elemente aus Archaischem, Metaphysik, Quantentheorie u. Fraktalem (Diskurs Natur/Kultur= Gegebenes/Gemachtes) für theatrale Arbeit. (Metaphysik befragt sinnlich Erfahrbares als philosophische Grundlage schlüssiger Gedanken. Quantenphysik öffnet Fakten zur Funktion des Universums, auch zu bisher Unfassbarem aus feinstofflichem Raum. Glaube, Liebe, Hoffnung könnten definiert werden).

WIEN: VOLKSTHEATER-THEATER

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WIEN: VOLKSTHEATER-THEATER

(Heinrich Schramm-Schiessl)

Warum gibt es heute keinen Nestroy mehr, was hätte der rund um das Theater mit dem Wiener Volkstheater für ein Stück geschrieben. Denn die Skurrilitäten rund um die Bestellung einer neuen Direktorin oder eines neuen Direktors für das Haus sind seit Anfang dieser Woche um eine Facette reicher geworden.

Doch von Anfang an. Anna Badora, der es gelungen ist, das Haus mit ihrem Erziehungs- und Belehrungstheater, sowie mit zweifelhaften Adaptionen von bedeutenden Stücken der Weltliteratur praktisch leer zu spielen, hat voriges Jahr verkündet, ihren 2020 auslaufenden Vertrag nicht verlängern zu wollen. Daraufhin schrieb die zuständige Wiener Kulturstadträtin, Veronica Kaup-Hasler, den Posten, wie es das Gesetz vorschreibt, aus, obwohl man ja weiß, dass sich die „Großen“ der Branche selten bewerben, da eine Nichtberücksichtigung doch einen gewissen Imageschaden darstellt. Gleichzeitig setzte die Stadträtin eine Findungskommission ein, die aus den Bewerbungen einen Vorschlag erarbeiten sollte. 72 Personen haben sich beworben, 9 wurden zu einem Hearing eingeladen und es war verwunderlich, dass entgegen den üblichen Wiener Gepflogenheiten, nichts von der Arbeit der Kommission nach außen gedrungen ist. Überraschend kam dann in den frühen Morgenstunden des 28.3.die Meldung, dass die Frau Stadtrat das Verfahren gestoppt hat. Als offzielle Begründung wurde angegeben, dass die Kommission sich außer Stande sah, ohne vorherige Erhöhung des jährlichen Etats einen Vorschlag zu präsentieren. Das scheint mir aber eher ein Vorwand zu sein. Ich vermute, dass sich die Kommission entweder auf keine Person einigen konnte oder die vorgeschlagene nicht den Intentionen von Frau Kaup-Hasler entsprach. Gerüchteweise hörte man, dass z.B, Maria Happel, die zum Hearing eingeladen war, und eigentlich die ideale Besetzung für diesen Posten wäre, da sie die Tradition der Emmy Werner fortsetzen könnte, als nicht jung genug empfunden wurde. Zuletzt wurde als mögliche Nachfolgerin Badoras die Deutsche Rita Thiele, ehemalige Dramaturgin bei Claus Peymann und zuletzt stellvertrende Intendantin des Düsseldorfer Schauspielhauses, genannt, die aber um einige Jahre älter als Happel ist. Mit ihr wäre dann Wien fast fest in der Hand der Deutschen Intendantenschule, zu der ja auch der neue Burgtheaterdirektor Martin Kusej, obwohl Österreicher, gehört.

Interssant ist in diesem Zusammenhang, dass der im Vorfeld oft als möglicher Kandidat genannte Paulus Manker, Sohn des ehemaligen VT-Direktors Gustav Manker und dessen Gattin, der Schauspielerin Hilde Sochor, sich zwar beworben hatte, aber nicht zum Hearing geladen wurde, womit wir beim eigentlichen Grund für diesen Artikel sind. Es war klar, dass es sich Manker nicht gefallen lassen wird, dass man sich sein Konzept nicht einmal anhören wollte und fand in der Tageszeitung „Kurier“ und dem ORF seine Mitstreiter. Der „Kurier“ widmete ihm am Montag einen ganzseitigen Artikel und der ORF lud ihn – übrigens bereits zum dritten Mal in den letzten neun Monaten – in die Kultursendung von ORF III am vergangenen Montag.

Wie sieht nun dieses Konzept aus. Manker möchte das Theater zu einer Erlebniswelt umgestalten, wo es keine Trennung zwischen Publikum und Darstellern mehr gibt und das ganze Haus und auch der Bereich davor miteinbezogen wird. Das bedingt praktisch einen Totalumbau von Bühnenhaus und Zuschauerraum und anderer Bereiche des Hauses und vor dem Haus sollen Container aufgestellt werden, bei denen man durch Gucklöcher die Schauspieler bei der Arbeit beobachten kann. In einer zweiten Phase soll das Haus dann zu einem Schiff umgestaltet werden. Soweit die Fakten. Die Antwort, wie das ganze zu bewerkstelligen ist, vor allen Dingen in finazieller Hinsicht, bleibt uns Manker natürlich schuldig. Bei derartigen Vorhaben muss man mit Kosten in Millionenhöhe rechnen, die jetzt noch gar nicht absehbar sind, weil man weiß, dass es bei derartigen Umbauten immer unvorhergesehene Kostensteigerungen – siehe z.B. Berliner Staatsoper – gibt. Wer diese Kosten tragen soll, brauche ich ihn nicht zu fragen, die Antwort weiß ich: Die öffentliche Hand – also der Steuerzahler.

Neben der Frage der Finanzierung sind auch zahlreiche logistische Probleme zu lösen. Ich kann mir zum Beispiel beim besten Willen nicht vorstellen, dass das Denkmalamt einer derartigen Aktion tatenlos zusieht. Auch die Platzfrage – das Volkstheater steht ja nicht auf einer freien Wiese, sondern mitten in der Stadt, noch dazu an einer der meist frequentierten Straßen, der sogenannten Zweierlinie – ist völlig offen. Die von Manker angeregte Sperre der Museumsstraße, die ein Teil dieses Straßenzuges ist, erscheint illusorisch, auch wenn ihm Stadtplaner – wahrscheinlich solche, die die Autos am liebsten komplett aus der Stadt verbannen würden – die Machbarkeit bestätigt haben. Auch die Sache mit den Gucklöchern in den Containern erscheint absurd. Jeder weiß, dass Schauspieler bei den Proben meist keine Zuschauer wollen und sie würden sich außerdem dabei möglicherweise wie die Darsteller einer Peep-Show vorkommen.

Abgesehen von diesem Konzept, das in meinen Augen völlig unausgegoren ist, stellt sich natürlich die Frage, womit legitimiert Manker den Umstand, dass er eigentlich der einzige in Frage kommende Direktor wäre. „In Wahrheit gehört mir das Theater“ sagt er, und beruft sich auf seine – sicher verdienstvollen – Eltern und dass er schon als Sechsjähriger offenbar bei den Proben im Haus sein durfte. Irgendwie vergisst er da, dass die Erbmonarchie abgeschafft ist und es vor seinem Vater auch schon erfolgreiche Direktoren in diesem Haus gab. Es ist sicher sein Recht, sich zu bewerben, aber darüber hinaus kann er nichts verlangen. Auch das von  manchen Seiten gebrachte Argument, er brächte eine gewisse Anhängerschaft mit, zieht nicht wirklich, denn diese kann das Haus auch nicht füllen.

Was soll nun in diesem „neuen Volkstheater“ gespielt werden. Obwohl Manker im „Kurier“-Interview einige Regisseure, u.a. auch Christoph Marthaler, nennt, geht es ihm doch in erster Linie darum, dass er für seine umstrittenen drei Produktionen – „Alma“, „Wagner“ und „Die letzten Tage der Menschheit“ –  einen  fixen, noch dazu von der öffentlichen Hand finanzierten – Standort hat, die dann dort in der Dauerschleife gespielt wurden.

Was die Sache für mich zusätzlich brisant macht, ist das mediale Lobbying, das jetzt offenbar einsetzt. Dass sich der „Kurier“, der private und aus der Wirtschaft kommende Eigentümer hat, von ihm instrumentalisieren lässt, ist die eine Sache, absolut untragbar erscheint mir aber, dass der der Republik Österreich gehörende ORF Herrn Manker fast zehn Minuten zur Primetime – man rechne das einmal in Werbekosten um – zur Verfügung stellt, um PR in eigener Sache zu machen, ohne dass die Moderatorin auch nur eine einzige kritische Frage stellt.

Man wird sehen, wie das Theater um das Volkstheater weitergeht und hoffen wir bis zuletzt, dass eine in erster Linie für das Publikum tragbare Lösung herauskommt.

Heinrich Schramm-Schiessl

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